Altersrente ab 70? Das ist für viele ein Schreckgespenst. Aber Mal ehrlich? Wenn über etwas so lange geredet wird, kommt es oft auch.
Doch ist die französische Rentenreform (oder die Reaktionen der Bevölkerung darauf) vielleicht auch ein Weckruf für die deutsche Politik?
Gibt es etwas, was wir aus diesen Entwicklungen lernen können? Gibt es da vielleicht eine Alternative?
Darum geht es heute in meinem Meinungsbeitrag.
Überblick
Altersrente ab 70 in Frankreich?
Es geht hoch her im Nachbarland. Die französische Rentenreform ist dabei auch in der deutschen Presse präsent.
Hat Präsident Macron dort gerade die Altersrente ab 70 eingeführt? Nein.
In einer Zeit, in der die Politik versucht, den Deutschen die Altersrente ab 70 schmackhaft zu machen, soll das Rentenalter in Frankreich schrittweise von 62 auf 64 Jahren angehoben werden.
Da denkt sich mancher in Deutschland sicher: Na ja, mit dieser Reform könnte ich leben. Eine Altersrente ab 64 in Deutschland fände ich gut. Bei uns wäre das ja eine deutliche Verbesserung.
Im ersten Moment rufen die Proteste in Frankreich daher bei einigen hierzulande erst einmal Unverständnis hervor.
Zieht man in Betracht, dass in bestimmten Berufen und Sparten bei unseren Nachbarn auch schon die Frührente mit 52 möglich ist, kann man sich ja fast nur wundern.
Was wäre in Frankreich wohl losgewesen, wenn Macron die Rente ab 70 propagiert hätte?
Deutschland und Frankreich
Nun gut, man sollte vielleicht erwähnen, dass das französische System insgesamt etwas flexibler als das Deutsche ist.
Rente bezieht in diesen frühen Jahren tatsächlich nur, wer ausreichend eingezahlt hat. Erst mit 67 Jahren gibt es in Frankreich dann – unabhängig von der Einzahldauer – eine Rente ohne Abschlag.
Das Rentendurchschnittsalter lag dort 2020 mit 60,4 Jahren (Männer) bzw. 60,9 Jahren (Frauen) trotzdem deutlich niedriger als bei uns.
In Deutschland lag es, zum Vergleich, 2020 bei 64,1 Jahren (Männer) und 64,2 Jahren (Frauen).
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Die Frage, die sich mir dabei aber stellt lautet: wenn unsere Nachbarländer deutlich niedrigere Rentendurchschnittsalter haben, sollten wir da unser Renteneintrittsalter wirklich noch weiter hochsetzen?
Nun gut. Proteste wie in Frankreich sind bei einer Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre in Deutschland nicht zu erwarten.
Wir Deutschen streiken und protestieren nicht so leidenschaftlich wie unsere Nachbarn. Da stellen manche ja bereits das Streikrecht in Frage, wenn Mal einen Tag lang der Verkehr lahm liegt.
Dennoch haben wir Deutschen in Europa eines der höchsten Durchschnittsalter beim Renteneintritt. Gerecht wirkt das erst einmal nicht.
Gibt es da nicht einen anderen Weg, als die Stellschraube über das Alter?
Alternative zur Anhebung des Renteneintrittsalters?
Eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 69 oder gar 70 forderten in Deutschland zuletzt Arbeitgebervertreter und auch Wirtschaftsexperten stimmten in den Chor mit ein.
Natürlich ist das ein Ansatz, den die Gewerkschaften scharf kritisieren. Als Arbeitnehmer bin ich davon auch nicht wirklich begeistert.
Die demografische Entwicklung ist aber nun einmal so, wie sie ist. Das verstehe ich schon und da hilft auch das Vogel-Strauß-Prinzip nicht.
Dennoch ist die Perspektive, vielleicht bis 70 arbeiten zu müssen, für viele echt düster.
Okay. Meine eigene Situation ist da besser, denn mein Beruf ist nicht körperlich anstrengend und macht mir zudem auch jede Menge Spaß.
Trotzdem weiß ich auch nicht wirklich, wie es bei mir mit 70 aussieht. Aktuell hangele ich mich ja von einer befristeten Anstellung in der Wissenschaft zur Nächsten. Werde ich da bis 70 immer wieder etwas Neues finden?
Und auch körperlich sieht es bei vielen anders aus. Als gelernter Krankenpfleger, der ein paar Jahre neben dem Studium in diesem Beruf tätig war, habe ich gewisse Zweifel.
Können viele der früheren Kolleginnen und Kollegen so lange durchhalten oder geht es dann direkt von der Pflege ins Pflegeheim?
Mal abgesehen davon, dass unser System flexibler werden muss, braucht es doch eine Alternative zu den bisherigen Ansätzen.
Die vierte der drei Stellschrauben
Traditioneller Weise geht man von drei Stellschrauben aus: Renteneintrittsalter, Rentenbeitrag und Auszahlungshöhe.
Will man das Renteneintrittsalter so belassen, wie es ist, müsste man also entweder den Rentenbeitrag erhöhen oder die Rentenhöhe absenken. Beides ist nicht attraktiv.
Doch es gibt eine weitere Möglichkeit. Bisher haben wir eine Rente im Umlageverfahren, bei der das eingenommene Geld keine Rendite einfährt.
Ein Teil der deutschen Rente müsste daher endlich zum Teil kapitalgedeckt in Form einer Aktienrente erfolgen und nicht mehr nur im Umlageverfahren.
Das Geld muss dann aber so veranlagt werden, dass es eine ordentliche Rendite einfährt. Die vierte Stellschraube lautet für mich also: Rendite.
Das ist eine Alternative, bei der das bisherige Renteneintrittsalter gehalten werden könnte, ohne die Rentenzahlungen drastisch abzusenken.
Entsprechend verstehe ich auch nicht, warum sich ausgerechnet Gewerkschaften so kritisch gegenüber der Aktienrente zeigen.
Haben wir nicht bereits eine? deutsche Aktienrente
Die bisher zaghaften ersten Schritte der deutschen Aktienrente, die dieses Jahr angestoßen wurden, reichen natürlich bei Weitem nicht aus.
10 Milliarden pro Jahr sind ein Tropfen auf den heißen Stein und reichen gerade einmal aus, die Rentenbeiträge stabil zu halten.
Da müsste es schon eine ordentliche Anpassung geben, bei der auch Rentenzahlungen in substanzieller Größe direkt in eine Aktienrente einfließen.
Das müsste dann aber auch eine echte Aktienrente sein. Was mich an der deutschen Aktienrente stört, habe ich bereits in einem anderen Artikel geschrieben.
Warum nimmst Du nicht die Rente selbst in die Hand? (Werbung)
Kurz: Es braucht mehr Aktienanteil in der Aktienrente. Da müsste mehr passieren.
Dazu braucht es ein gestaffeltes Vorgehen. Gerade in jungen Jahren, müsste der Anteil von Zahlungen in den staatlichen Aktienfonds hoch sein.
Wenn Geld ca. 40 Jahre kostengünstig und breit gestreut an den internationalen Aktienmärkten arbeitet dann bestand da historisch noch nie wirklich ein großes Risiko.
Am besten wäre es tatsächlich, wenn das Rentenkonto der Bundesbürger bei deren Geburt die ersten Gutschriften erhält. Bei unserem Sohn haben wir das privat so gemacht.
Es ist die Magie des Zinseszins-Effektes, das frühe Beiträge – auch wenn sie zunächst geringer sind – am Ende am Meisten zählen.
Für die letzten 15 Jahre des Berufslebens sollte der Aktienanteil hingegen heruntergefahren werden, da es hier zu erheblichen Schwankungen kommen kann.
So ließe sich die die deutsche Rente stabilisieren, ohne dabei das Renteneintrittsalter drastisch anzuheben oder die finanzielle Belastung der Arbeitnehmerinnen und -nehmer voranzutreiben.
Also, Rentenalter hoch oder doch lieber eine echte Aktienrente?
Die Gewerkschaften sollten sich daher noch einmal genau überlegen, ob ihre Skepsis gegenüber einer zumindest zum Teil kapitalgedeckten Aktienrente wirklich gerechtfertigt ist.
Ich halte dies für das deutlich bessere Modell, als das Rentenalter immer weiter hochzusetzen, die Rentenzahlungen stets zu erhöhen oder die Rentenauszahlungen immer weiter abzusenken.
Die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 würde in Deutschland zwar sicher nicht zu Verwerfungen und Protesten wie im Nachbarland Frankreich führen, dennoch wäre das für mich nicht im Sinne der Arbeitnehmerinnen und -nehmer.
Wie seht ihr das? Muss das Rentenalter hoch, also Altersrente ab 70 oder doch lieber eine Aktienrente? Ist die französische Rentenreform ein Weckruf für die deutsche Politik, die Anhebung des Renteneintrittsalters lieber zu lassen? Schreibe mir gerne Deine Meinung dazu in einem Kommentar! Auch Anregungen und Kritik sind natürlich willkommen.
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