Kaum ein Tag vergeht ohne neue Corona-Hiobsbotschaften. Vor Kurzem hatte ich ja bereits über Corona geschrieben. Egal, was Du darüber denkst, es wird langsam offensichtlich, dass das Thema zunehmend die Entwicklungen an den Aktienmärkten beeinflusst.
In diesem kurzen Artikel stelle ich daher die Frage: was bedeutet das jetzt für Dich und Dein ETF-Portfolio? Ist jetzt der Zeitpunkt zu verkaufen oder solltest Du Deine ETFs doch halten?
Immerhin sieht alles von Tag zu Tag immer bedrohlicher aus. Erst betraf es nur China, dann auch andere asiatische Länder oder Regionen, die weit weg liegen, wie der Iran.
Die Einschläge kamen näher. Zuletzt gab es Meldungen aus Italien und Teneriffa. Auch in Deutschland gab es erste Fälle in Bayern und seit gestern auch zwei weitere in anderen Regionen und weitere folgten.
Medizinisch sehe ich noch keinen Grund für Panik. Natürlich handelt es sich um eine schwere Erkrankung wie die Grippe, die für viele Menschen ernsthafte gesundheitliche Auswirkungen haben kann, bis hin zum Tod.
Das ist aber leider etwas, dem wir als Menschen nicht ausweichen können. Schon der Buddha beschrieb die menschlichen Leiden treffend als Geburt, Alter, Krankheit und Tod. Niemand kann diesen vier entgehen. Auch Börsianer nicht.
Aus der gesundheitlichen Perspektive kann man nur wünschen, dass der Corona-Virus doch noch eingedämmt wird. Es sieht aber leider immer weniger danach aus.
Die wirtschaftlichen Risiken erscheinen da fast nebensächlich, nehmen aber auch von Tag zu Tag zu. Nicht alles, was geschieht, ist für mich nachvollziehbar, aber die Börsen reagieren halt manchmal nicht so, wie wir es erwarten.
Die Abwärtsbewegungen der letzten Tagen verheißen irgendwie nichts Gutes. Ich gehe nicht davon aus, dass die Nachrichten in den nächsten Tagen und Wochen plötzlich besser werden.
Es wird weitere Fälle geben. Vielleicht größere Ausbrüche in Deutschland, Frankreich, England oder den USA? Was dann? Gibt es dann, neben den menschlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen, auch eine panische Talfahrt an den Börsen?
Was, wenn die Quartalszahlen der Unternehmen kommen? Sind da nicht in vielen Bereichen Rückgänge wahrscheinlich? Geht es dann noch weiter nach unten? Kann sein. Kann aber auch nicht sein.
…und während ich das tippe, werde ich gerade von den Nachrichten überholt. So verkündete Gesundheitsminister Jens Spahn heute: „Wir befinden uns am Anfang einer Corona-Epidemie in Deutschland. Die Infektions-Ketten sind teilweise nicht mehr nachvollziehbar.“
Für mich sind hier als ETF-Anleger nun 3 individuelle Szenarien vorstellbar über die man nachdenken sollte: (1) Dein Portfolio steht am Anfang und Du sparst mittels Sparplan, (2) Dein Portfolio steht kurz vor der Entnahme– oder Entsparphase und (3) Dein Portfolio ist irgendwo mittendrin und hat schon ein ganz gute Größe erreicht.
Was also tun wegen Corona? Verkaufen oder halten bzw. weiter so?
Überblick
ETF-Portfolio und Corona am Anfang
Wenn Du jetzt am Anfang stehst mit Deinem Sparplan und zu 100% in Aktien investiert bist, kann Dir doch eigentlich nichts besseres passieren, als das die Börsen ordentlich in die Knie gehen. Das setzt natürlich voraus, dass Du nicht in Einzelwerte, sondern ein breit gestreutes Standard-ETF-Portfolio mit mehreren tausend Aktien weltweit investierst.
Das Risiko für Dein ETF-Portfolio ist dann vermutlich recht übersichtlich. Hast Du 5000€ investiert und der Wert sinkt um 50%, beträgt der Buchverlust gerade einmal 2.500€. Das kann man doch aushalten.
Bei einer Einmalanlage wäre es über einen bestimmten Anlagezeitraum egal, wann da zwischendurch ein Crash oder eine Korrektur erfolgt. Nicht so beim Sparplan. Hier ist ein Crash am Anfang vorteilhaft.
Du bekommst dann gleich am Anfang mehr Anteile für Dein Geld. Es herrscht eine Alles-Muss-Raus-Mentalität und wenn Du Deinen Sparplan trotz Crash oder Korrektur stur beibehältst, wird voraussichtlich alles gut. Schnell verkaufen macht für mich da keinen Sinn. Also halten.
ETF-Portfolio und Corona am Ende vor der Entnahme
Wer jetzt kurz vor der Entspar- oder Entnahmephase steht, voll auf das Geld aus seinem ETF-Portfolio angewiesen ist und immer noch 100% in Aktien investiert, der ist – es tut mir Leid das so klar zu sagen – irgendwie auch etwas Selbst schuld. Das geht für mich gar nicht.
Diversifikation über Anlageklassen ist wichtig. Gerade kurz vor der Entspar- oder Entnahmephase sollte man darüber nachdenken, das Risiko zu reduzieren. Ich würde da zumindest keinen Nervenkitzel mehr haben wollen.
Da gilt, was bei Aktien irgendwie immer gilt: Geld, das ich in den nächsten 10-15 Jahren brauche, gehört nicht in Aktien. Einen entsprechend großen Teil meines Depots sollte ich also bereits in sicherere Anlageformen umgeschichtet haben.
In Foren wurde zuletzt viel geschrieben, dass Anleihen jetzt ja keine Rendite mehr bringen würden. Das stimmt bedingt. Früher war es doch – trotz Zinsen – meist auch nicht anders, zumindest wenn man die Inflation berücksichtigt.
Für die Gewinnmaximierung sind Anleihen eben nicht gedacht. Sie gehören zur Defensive und schaffen Stabilität, falls so etwas wie die Corona-Pandemie um die Ecke kommt. Sie machen mehr und mehr Sinn, je näher Du der Entnahmephase kommst.
Also schnell verkaufen? Nein. Das sollte nicht notwendig sein. Dein ETF-Portfolio sollte zu diesem Zeitpunkt bereits wetterfest sein. Also nicht schnell verkaufen, sondern ebenfalls halten, würde ich sagen!
Having said this… mein Anleihenanteil ist aktuell nur bei 10%. Warum so wenig? Nun. Mein Anlagehorizont ist noch verdammt lang. Selbst die Anlagen, die ich habe (Emerging Markets Government Bonds), rechne ich eigentlich dem risikobehafteten Anteil zu.
Übrigens: Falls die Entnahmephase langsam näher kommt, könnte das neue Buch von Gerd Kommer für Dich interessant sein: Souverän investieren vor und im Ruhestand*.
ETF-Portfolio und Corona in der Mitte
Wer mitten drin steckt und schon ein paar Jahre investiert ist, aber auch noch 10-15 Jahre Zeit bis zur Entnahme hat, der hat als Anleger jetzt sicher gemischte Gefühle.
Klar. Bist Du in Deinem ETF-Portfolio immer noch zu 100% in Aktienwerte investiert, können da jetzt auch kleinere Schwankungen bereits Bewegungen im vierstelligen Bereich verursachen. Größere eventuell sogar im fünfstelligen. Das fühlt sich natürlich nicht gut an.
Das ETF-Portfolio ist aber vermutlich bereits etwas breiter bzw. defensiver aufgestellt. Auch dann tun größere Schwankungen natürlich weh, andererseits denkst Du jetzt vielleicht über Kaufgelegenheiten nach.
Ganz egal, ob Du bereits das Risiko reduziert hast oder noch volle Attacke reitest. Wenn Dein Portfolio breit diversifiziert ist, hast Du jetzt eigentlich nur eine Option: Augen zu und durch. Also auch hier: nicht schnell verkaufen, sondern halten!
Wenn Du zusätzliche Investitionen vornehmen oder Deinen Sparplan erhöhen möchtest, warum nicht. Voraussetzung wäre aber für mich, dass Du das Geld die nächsten 10-15 Jahre nicht anderweitig brauchst.
Mit Einmalbetrag investieren – Ist das keine Option für Anleger?
Du magst jetzt vielleicht einwenden: „Da fehlt aber noch eine Option! Was, wenn ein Anleger jetzt mittels Einmalbetrag einsteigen möchte?“ Für mich ist da tatsächlich kein großer Unterschied zum dritten Szenario.
Warum? Nun. Wenn Du mal die Kaufkosten und mögliche Steuern ausblendest, ist es egal, ob Du jetzt mit einem größeren Betrag einsteigst oder einen investierten Betrag einfach liegen lässt.
In einer Situation wie der jetzigen würde ich mich aber vermutlich nicht trauen, voll einzusteigen. Da würde ich mich wohl eher mit mehreren Raten an den Markt heran tasten.
Geely und Corona
Übrigens, eine nette Überraschung bescherte mir da jetzt ausgerechnet einer der letzten verbleibenden Einzelwerte in meinem Portfolio: der chinesische Autobauer Geely. Ich hatte da jetzt mit einem heftigen Rücksetzer gerechnet, doch der blieb aus. Die Aktie stieg sogar leicht.
Wieso? Obwohl der Automarkt in China eingebrochen zu sein scheint, meldete Geely gerade 30.000 neue Online-Vorbestellungen für ihren neuen SUV über das gerade gelaunchte Online-Portal.
Viele Chinesen verlassen aktuell wohl wegen Corona ihre Wohnung ungern und freuen sich da besonders über das Online-Handelsportal. Der richtige Schachzug, zum richtigen Zeitpunkt?
Mal sehen. Wenn es jetzt noch eine Weile so weiter geht, wird wohl auch Geely nicht verschont bleiben. Anleger brauchen nun einfach viel Geduld.
Außerdem hatte Geely sich zuletzt mit Hochdruck auf die Luftreinigung fokussiert und bietet nun einen Filter an, der Corona-Viren aus der Atemluft herausfiltert. Die Rechnung scheint aufzugehen.
Fazit – Strategie überdenken
Wie wird es jetzt weitergehen? Natürlich kann jetzt durch Corona eine Panik entstehen und der Markt nach unten rauschen. Eventuell läuft er aber auch nur eine Weile seitwärts oder gleitet mit weiteren Hiobsbotschaften Stück für Stück allmählich weiter nach unten.
Vielleicht erholen sich die Kurse aber auch schnell wieder. Was passiert, ist leider schwer vorherzusagen. Ist das an der Börse nicht immer der Fall? Niemand weiß, wann eine Korrektur oder ein Crash kommt.
Corona-Panik hin oder her. So oder so ist das jetzt ein guter Moment, zu schauen, ob die bisherige Strategie für Dein ETF-Portfolio wirklich zu Dir passt. Rufen die paar Prozentpunkte Verlust bereits Sorgenfalten auf Deiner Stirn hervor? Kannst Du Nachts nicht mehr ruhig schlafen?
Dann lautet die Antwort vermutlich: nein. Die Defensive in Deinem Portfolio könnte sehr wahrscheinlich grundsätzlich nicht ausreichend sein. Du solltest dann wohl darüber nachdenken, Anpassungen vorzunehmen.
Bist Du als Anleger hingegen weiterhin entspannt und denkst sogar darüber nach, nachzukaufen? Super. Dann scheint doch alles bestens bei Dir zu sein und ich freue mich für Dich.
Bei mir tut sich auch einiges im Portfolio und ich beobachte das gelassen und mit einer gewissen Distanz. Ändern kann und will ich nichts. Die Sparpläne laufen munter weiter und was bereits im Portfolio ist, wird gehalten.
Das Thema Corona wird uns sicher noch ein paar Wochen beschäftigen. Einen nachhaltigen Schaden für die Wirtschaft erwarte ich irgendwie nicht. Auf gesundheitlicher Ebene kann und wird es aber natürlich einige hart treffen. Da wünsche ich Dir und Deiner Familie alles Gute. Hoffentlich geht das Ganze ja doch noch an uns vorüber.
Wie sieht es bei Dir aus? Macht Dir Corona Angst? Tust Du schnell verkaufen oder lässt Du Dein ETF-Portfolio wie es ist? Tipps für den ETF-Kauf findest du hier.
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