Und wieder geistern neue Ideen von Finanzminister Olaf Scholz durch die Medien, mit denen er seine Finanztransaktionssteuer, oder besser Aktiensteuer, retten möchte.
Eigentlich wollte ich diesen Artikel noch an dem Tag rausbringen, als die Ideen durch die Presse gingen, doch dann hat mich ein Infekt – keine Sorge, es war nicht der Corona-Virus – ans Bett gefesselt. Nun, etwas verspätet, konnte ich ihn doch fertigstellen.
Der Vorschlag, Sparer entlasten zu wollen, ist doch super, oder? Leider nein. Einerseits sollen Anleger ja belastet werden und auf der anderen Seite entlastet. Da fragt man sich schon ein bisschen: wozu?
Unter dem Strich soll bei dieser Übung „linke Tasche, rechte Tasche“ mit der Finanztransaktionssteuer aber noch genug für die neue Grundrente herausspringen. Für mich passt das irgendwie alles nicht zusammen.
Besser wird die grundsätzliche Idee der Aktiensteuer dadurch einfach leider nicht. Doch eins nach dem anderen. Wie will Finanzminister Olaf Scholz die Sparer jetzt genau entlasten?
Das soll durch eine Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags sowie die Einführung eines Altersvorsorge-Pauschbetrags geschehen. Aha. Auf den ersten Blick klingt das natürlich gut, doch auch auf den zweiten?
Bevor ich näher auf den neuen Vorschlag eingehe, zunächst einmal ein kurzer Überblick über den Hintergrund der bisherigen Entwicklungen.
Überblick
Finanztransaktionssteuer – ein Drama in zahlreichen Akten
I. Akt – Eine Finanztransaktionssteuer um Spekulationen zu erschweren
Seit 2011 ziehen sich die Pläne für eine europäische Finanztransaktionssteuer schon hin. Sie sollte ursprünglich 0,1% beim Handel von Aktien sowie 0,01% für Derivate betragen. Ziel war es, mit der Finanztransaktionssteuer Spekulationen zu erschweren.
Einigen konnte man sich leider nicht und so unternahm eine kleine Gruppe von EU-Ländern einen eigenen Vorstoß. Man scheiterte erst am Widerstand von Großbritannien und Schweden. Beim Versuch, die Steuer nur in den Euro-Ländern einzuführen, waren dann schließlich Luxemburg und die Niederlande dagegen.
II. Akt – Die Finanztransaktionssteuer kommt nur in den Ländern, die willig sind
Daraufhin sollte die Finanztransaktionssteuer dann nur in den Ländern eingeführt werden, die dazu willig sind. Auch das verlief schwierig. Die EU genehmigte zunächst, dass die 11 Länder die Steuer einführen dürften.
Zunächst sah alles gut aus. Es wurden sogar Klagen dagegen abgewiesen. Doch 2015 stieg dann Estland aus. 2019 einigten sich die verbleibenden 10 Länder dann darauf, dass lediglich Käufe und Verkäufe von Aktien besteuert werden sollten. Außerdem soll die Finanztransaktionssteuer nun 0,2% pro Transaktion betragen.
Der ursprüngliche Sinn und Zweck der Finanztransaktionssteuer wird durch eine solche reine Aktiensteuer leider ad absurdum geführt. Ausgerechnet spekulative Finanzprodukte und hochfrequenter Handel werden nämlich ausklammert.
Der III. Akt wird eingeleitet: Regierungswechsel in Österreich
Nach dem Regierungswechsel in Österreich, schoss nun Anfang 2020 die österreichische Bundesregierung quer. Zunächst bezeichnete Finanzminister Gernot Blümel – zu Recht – die reine Aktiensteuer als inakzeptabel.
Die geplante Aktiensteuer verkehre die ursprüngliche Idee einer Finanztransaktionssteuer, die im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise geboren wurde. Zweck sei es ja gerade gewesen, Spekulanten zu treffen.
Dieser Kritik schloss sich dann auch rasch Bundeskanzler Sebastian Kurz an. In Richtung des deutschen Finanzministers Olaf Scholz sagte er, er wäre „vorsichtig, die möglichen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer jetzt schon zu verplanen.“
Kritik- und lernfähig zeigte sich Olaf Scholz daraufhin nicht und polterte zurück. Er warnte Kurz davor, sich jetzt nicht um die Einführung der Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene zu drücken.
Mit Diplomatie scheint es bei ihm dann wohl auch nicht sehr weit her zu sein, denn sonst hätte er sich mit seiner Erwiderung gegenüber dem österreichischen Bundeskanzler wohl etwas zurückhalten.
Meiner Meinung nach war das extrem ungeschickt, denn es bedient genau den in Österreich gängigen Stereotyp des oberlehrerhaften Deutschen, des sogenannten Piefkes.
Es kommt in Österreich einfach nie gut an, wenn ein Deutscher einem Österreicher erklärt, was Sache ist. Das gilt auch dann, wenn er Recht hat, aber natürlich noch viel mehr, wenn das – so wie hier – nicht der Fall ist.
Nach 10 Jahren in Österreich spreche ich da durchaus aus eigener Erfahrung. Wenn Kurz bzw. die österreichische Regierung jetzt auf die Linie von Olaf Scholz einlenken würde, wäre das für die österreichische Regierung ein Gesichtsverlust. Auch ein Kompromiss klingt da eher unwahrscheinlich
Schert eines der 10 verbleibenden Länder aus, also zum Beispiel Österreich, dürfte die Aktiensteuer dann auch auf europäischer Ebene gestorben sein. Finanzminister Scholz müsste das dann wohl national durchziehen und da dürfte es seitens der CDU/CSU heftige Gegenwehr geben.
Hier kommen wohl die neuen Ideen wie die Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags oder die Einführung eines Altersvorsorge-Pauschbetrags in Spiel.
Neuer Vorstoß von Olaf Scholz zur Rettung der Finanztransaktionssteuer
Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags
Hier kommt wohl der neue Vorstoß zur Rettung der Finanztransaktionssteuer von Olaf Scholz ins Spiel. Eine Anhebung des Sparer-Pauschbetrags soll Kleinsparer entlasten. Für einen Single sollen es zukünftig dann 851€ und für ein Paar/Ehepaar 1702€ sein.
Doch diese Anhebung von 50€ pro Person ist nicht die Welt. Sie wäre ohnehin längst überfällig. Der Sparer-Pauschbetrag liegt bereits seit 2009 (!!!) bei 801€ für Singles und 1602€ für ein Ehepaar.
Das heißt, der Sparer-Pauschbetrag wurde seit über 10 Jahren nicht erhöht. Geht man von einer Inflation von 2% aus, sollte er bereits um die 1000€ pro Person liegen.
Okay. Die Inflation war zuletzt nicht ganz so hoch. Aber auch mit den historischen Werten sollte der Sparer-Pauschbetrag 2018 laut dem Inflationsrechner bereits bei ca. 902 € liegen.
Eine Erhöhung wäre also längst überfällig und die vorgeschlagene Erhöhung entspricht noch nicht einmal einem Inflationsausgleich. Doch das ist nicht die einzige neue Idee.
Die Erhöhung des deutschen Sparer-Pauschbetrags käme aber nicht nur Aktien- und ETF-Sparern zugute. Sie gilt ja z.B. auch für Zinsen auf Bankeinlagen. Die Schlechterstellung von Aktien-Investments bleibt dadurch also bestehen und das, obwohl man dies eher fördern sollte.
Einführung eines Altersvorsorge-Pauschbetrag
Zusätzlich scheint Finanzminister Olaf Scholz einen neuen Altersvorsorge-Pauschbetrag zu planen. Dieser soll 30 Euro für Alleinstehende und 60 Euro für Paare bzw. Ehepaare betragen. Mehr ist darüber nicht bekannt.
Die Summe klingt auf den ersten Blick bereits niedrig. Außerdem ist hier überhaupt nicht klar, wofür dieser gelten würde. Nur für Riester-, Rürup und eventuell auch private Rentenversicherungen?
Warum sollte man ausgerechnet wieder solche Versicherungsprodukte weiter fördern? Ist es wirklich sinnvoll, neben der Riester- und Rürup-Förderung jetzt noch einen zusätzlichen Altersvorsorge-Pauschbetrag einzuführen?
Auch wenn ich davon persönlich vermutlich profitieren würde, gefallen mir solche zusätzlichen Freibeträge nicht. Bei der privaten Altersvorsorge wünsche ich mir eine generelle und grundlegende Reform, kein weiteres Herumdoktern, um Sparer punktuell zu entlasten.
In dem Punkt könnten wir sehr wohl etwas von Österreich lernen. Die Pläne der neuen türkis-grünen Regierung für die Einführung einer Behaltefrist klingen zumindest doch sehr gut.
Wird hier der deutsche Alleingang bei der Finanztransaktionssteuer vorbereitet?
Auch in anderer Hinsicht ist der Vorschlag bedenklich. Zunächst einmal ist das ganz deutlich ein Kompromissvorschlag, der sich ausschließlich an ein deutsches Publikum richtet.
Als ein Kompromissangebot an Österreich kann man die vorgeschlagene Erhöhung des deutschen Sparer-Pauschbetrags oder die mögliche Einführung eines Altersvorsorge-Pauschbetrags sicher nicht bezeichnen.
Versucht man überhaupt, auf die berechtigten österreichischen Einwände einzugehen? Scheinbar nicht. Es geht wohl eher darum, den Koalitionspartner positiv auf einen deutschen Alleingang vorzubereiten.
Das europäische Projekt einer Finanztransaktionssteuer kann damit wohl bereits als gescheitert betrachtet. Mir drängt sich hier der Verdacht auf, dass Lobbyisten hier wieder eine große Rolle gespielt haben könnten.
Mir stellt sich auch die Frage, was das Ganze am Ende denn noch bringen soll? Institutionelle Anleger werden einen Weg finden, die Aktiensteuer zu umgehen, zum Beispiel mit Derivaten.
Privatanleger sollen hingegen kompensiert werden und das selbst, wenn sie gar nicht in Aktien investieren. Wie soll da dann am Ende noch eine Mehreinnahme dabei herauskommen?
Wenn nun weder mit wirklichen Mehreinnahmen gerechnet werden kann noch die ursprüngliche Lenkungsfunktion der Steuer gegeben ist, was soll das Ganze überhaupt noch? Machen die zusätzlichen Pauschbeträge die Aktiensteuer irgendwie besser?
Fazit
Irgendwie erinnert mich das Ganze hier an die Einführung der Maut. Jeder wusste, dass das Vorhaben unsinnig ist und es rechtliche Bedenken gibt. Die Gegenargumente lagen auf dem Tisch.
Wider besseres Wissen wurde dann doch stur daran festgehalten, um das Gesicht zu wahren. Der Ausgang ist bekannt. Dieses Mal ist es halt statt der CSU die SPD, die sich verrennt.
Man will eine Steuer einführen, die Spekulation verhindern soll und spart dann ausgerechnet spekulative Instrumente aus. Gratuliere. Sollte die Aktiensteuer kommen, werden institutionelle Anleger nun voraussichtlich gerade auf spekulative Instrumente oder ins Ausland ausweichen.
Die erhofften Mehreinnahmen durch die Steuer dürften also voraussichtlich vor allem von Privatanlegern gestemmt werden. Das alleine ist schon höchst fragwürdig.
Doch Privatanleger will man jetzt durch die Einführung eines Altersvorsorge-Pauschbetrags bzw. die Erhöhung des Sparer-Pauschbetrags entlasten.
Was bleibt? Weder reguliert man spekulative Finanzinstrumente noch hat man am Ende wohl hohe Einnahmen. Dafür schafft man aber zusätzliche Bürokratie und nimmt den Leuten die Motivation, sich mit Aktien zu beschäftigen.
Wie wäre es denn, stattdessen lieber vor allem wieder die spekulativen Finanzinstrumente in den Fokus zu rücken? Ein klares Konzept sieht für mich anders aus.
Eine echte Finanztransaktionssteuer, die vor allem auf spekulative Finanzinstrumente abzielt, hätte ich ausdrücklich begrüßt. Von einer reinen Aktiensteuer halte ich dagegen gar nichts. Sie macht keinen Sinn.
Daran ändert auch die längst überfällige Erhöhung der Pauschbeträge nichts. Gerade beim Altersvorsorge-Pauschbetrag ist ja auch noch nicht klar, wie der genau aussehen soll.
Je mehr daran herumgedoktert wird, umso unsinniger erscheint die Finanztransaktionssteuer. Meiner Meinung nach wäre es höchste Zeit, dieses Projekt endlich einzustellen.
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