Überblick
Wieso sollte Dich der Kauf von ETFs als Anleger nicht voranbringen?
Bei The Motley Fool Deutschland gab es gerade einen Artikel, der mich ziemlich geärgert hat. Er trug den Titel „Drei Gründe, warum dich der Kauf von ETFs als Investor keinen Schritt weiterbringen wird!„
Natürlich wurden darin wieder ein paar der gängigen Evergreens zu den angeblichen Nachteilen von ETFs angesprochen über die ich ja bereits einen ausführlichen Artikel verfasst habe.
Der Plot des Artikels ist leicht erzählt. ETFs sind in aller Munde doch sind sie wirklich so gut? Lohnt sich der Kauf von ETFs? Ist das nicht der übliche „Herdentrieb, der immer wieder dafür sorgt, dass viele Investoren in Geldanlagen getrieben werden, die gerade in aller Munde sind.“ Das kann doch nicht zum Vorteil von Investoren sein? Oder doch?
Wieso Dich der Kauf von ETFs als Anleger eben doch voranbringt
Doch. Ich bleibe dabei: der Kauf von ETFs kann Dich voranbringen. Du musst Dir mal bewusst machen, wer ETFs empfiehlt. Es sind eben nicht die Vertreter der Wall Street, sondern gerade viele Wissenschaftler. Der Siegeszug begann mit den Indexfonds des Vermögensverwalters Vanguard, der genossenschaftlich organisiert ist. Große Fondsanbieter zogen allmählich nach.
Die Fondsanbieter taten das aber nicht, weil ETFs für sie so lukrativ waren, sondern weil sie nicht anders konnten. Die Kunden wollten ETFs und wären sonst weg gewesen. Die Sparkasse hat mit ihrer Tochter DEKA auch einen ETF-Anbieter. Wenn Du bei der Sparkasse aber versuchst, Dich zu ETFs beraten zu lassen, wirst Du Dich wundern.
Ich habe im April ein kleines Undercover-Experiment gemacht und mich dort beraten lassen. Man riet mir von ETFs ab und bot mir viel lieber aktiv gemanagte DEKA-Fonds an. ETFs kann man (Stand April 2019) nicht mittels Sparplan im normalen Sparkassen-Depot erwerben.
Die Gebühren von Index-ETFs sind vergleichsweise niedrig und gegenüber aktiv gemanagten Investmentfonds für die Fondsanbieter daher einfach unattraktiv. Auch bei den Kaufkosten. Sie können hier nicht die 5% Ausgabeaufschlag wie bei aktiv gemanagten Fonds aufrufen, sondern müssen sich mit Peanuts geschlagen geben.
Mit einem Sparplan kannst Du beim Kauf von ETFs aber bereits mit einer geringen monatlichen Summe breit gestreut in internationale Aktienmärkte investieren. Im Gegensatz zu traditionellen Fonds entstehen dabei wenig laufende Kosten und geringe bis gar keine Einstiegskosten. Bei einem kostenlosen Online-Depot fallen dann noch nicht einmal Depot-Gebühren an. Natürlich bringt Dich das als Privatanleger weiter.
Ganz anders als beim Kauf von ETFs sieht es beim Erwerb von Aktien aus. Wenn Du einen niedrigen dreistelligen Betrag zur monatlichen Geldanlage zur Verfügung hast, ist es schwierig damit auch nur eine Ansatzweise vergleichbare Diversifikation – also Streuung – hinzubekommen.
Die im Artikel vorgebrachten Kritikpunkte möchte ich hier jetzt nicht einzeln im Detail durchgehen und entkräften. Das habe ich bereits, wie schon erwähnt, im Artikel über die Nachteile von ETFs getan. An ihnen ist aber, meiner Meinung nach, nichts dran.
ETFs und Ausschüttungen – Bekommst Du Dividende?
Unter anderem findet sich im Artikel folgende Aussage, die mich zu diesem Kommentar „inspiriert“ hat. Ich halte sie nichr nur für irreführend, sondern auch für schlichtweg falsch und manipulativ.
Zum anderen wird man über einen Indexfonds kein direkter Miteigentümer der Unternehmen, die sich im ETF befinden. Das bedeutet, man bekommt weder die Dividende auf sein eigenes Konto überwiesen, noch kann man an den Hauptversammlungen teilnehmen, um dort sein Stimmrecht auszuüben. Und doch geht man mit der Investition in ETFs das gleiche Risiko ein wie bei einem direkten Aktieninvestment.
Dieser Absatz passt sehr gut zu einer Leserfrage zu Ausschüttungen, die ich noch beantworten wollte. Im letzten Artikel hatte ich ja Patricks Frage zur ETF-Auswahl beantwortet. Er hatte aber auch eine weitere Frage zu Ausschüttungen gestellt. Konkret wollte er wissen:
Wie funktioniert das mit den Ausschüttungen von ETFs eigentlich genau? In einem ETF sind ja viele Firmen enthalten – bekommt man dann auch etwas von der Dividende ab oder kann man nur über die Kursentwicklung Gewinne erzielen?
Ja. Anders als der The Motley Fool-Artikel es suggeriert profitiert man natürlich auch von den Dividenden oder Zinsen eines Wertpapiers, dass im ETF enthalten ist. Wie das geschieht ist bei manchen ETFs jedoch unterschiedlich.
Ausschüttungen bei physisch replizierenden ETFs
Gehen wir zunächst von einem physisch replizierenden ETF aus. Wie jeder andere Fonds auch, hält mein ETF dann entweder Anteile von allen Wertpapieren, die den Index ausmachen (=vollständige physische Replikation) oder aber eine repräsentative Auswahl (Sampling).
Der Unterschied besteht hier dann in der Anzahl der im ETF enthaltenen Aktien. Die Kursentwicklungen, aber auch die Ausschüttungen, sollten jedoch nahezu identisch sein.
Im Fall von Aktien bist Du mit einem physisch replizierenden ETF nicht direkt Miteigentümer und wirst auch nicht zur Hauptversammlung eingeladen. Soweit so richtig. Du besitzt aber Anteile am ETF, der wiederum Anteile an den Firmenaktien hält.
Die Fondsgesellschaft, die den ETF aufgelegt hat ist daher zur Hauptversammlung eingeladen und vertritt dort die Interessen aller ihrer Anleger – und damit auch Deine. Durch das gemeinsame Auftreten profitierst Du im Zweifelsfall sogar noch im größeren Maße vom Stimmrecht.
Warum? Nun, die Stimmen vieler Privatanleger werden damit gebündelt und die Einflussmöglichkeit auf das Management ist deutlich größer, als wenn Du dort mit meinen paar Einzelaktien aufschlägst.
Ausschüttungen – ausschüttende und thesaurierende ETFs
Wenn ein Wertpapier Dividenden oder Zinserträge liefert, fließen diese direkt in den ETF. Was dann damit passiert hängt von der Art des ETFs ab. Es gibt nämlich ausschüttende und thesaurierende ETFs.
Bei einem ausschüttenden ETF werden die Erträge von Aktien oder Anleihen regelmäßig an Dich ausgeschüttet. Das kann einmal im Jahr, halbjährlich, dreimonatlich oder sogar monatlich passieren. Dann werden nämlich die Dividenden der im ETF enthaltenen Aktien bzw. die Zinserträge der Anleihen direkt auf Dein Konto überwiesen. Gleichzeitig sinkt der Wert des ETF um genau diesen Betrag, so wie das auch bei Aktien der Fall ist.
Bei einem thesaurierenden ETF gibt es zwar keine unmittelbare Ausschüttung auf Dein Konto, Du profitierst aber trotzdem davon. Die in den ETF ausgeschütteten Beträge werden nämlich direkt in neue Aktien bzw. Anleihen reinvestiert. Dadurch steigt der Wert des ETF um diesen Wert.
Und was ist mit Ausschüttungen bei synthetischen ETFs
Ein Sonderfall sind synthetische ETFs. Bei diesen wird der Index nicht durch den Kauf der Wertpapiere abgebildet, die den Index ausmachen. Stattdessen werden andere Wertpapiere gekauft und ein Vertrag mit einem Finanzinstitut abgeschlossen, dem SWAP-Partner, der dem ETF die Rendite des Index garantiert.
Hier besteht ein gewisses Risiko für den Fall, dass der SWAP-Partner Pleite geht, da nur 90% des ETF-Wertes besichert sein müssen. Bisher ist aber noch keinem Anleger durch synthetische ETFs ein Schaden entstanden und ich würde das Risiko als hypothetisch betrachten. Trotzdem bespare ich selbst keine synthetischen ETFs mehr, denn sie bieten aktuell so gut wie keine Vorteile.
Du magst von synthetischen ETFs halten was Du willst, aber auch hier erhältst Du selbstverständlich die Ausschüttungen, die im Index entstehen. Diese garantiert Dir der SWAP-Partner.
Fazit
Die Behauptung im Artikel, Du würdest beim Kauf von ETFs nicht von den Dividenden der darin enthaltenen Aktien profitieren ist damit definitiv falsch. Okay. Im Fall von thesaurierenden ETFs bekommst Du die Ausschüttungen nicht direkt auf Dein Konto überwiesen. Sie bleiben aber im ETF und steigern dessen Wert.
Falsch ist auch die Bemerkung am Ende „Und doch geht man mit der Investition in ETFs das gleiche Risiko ein wie bei einem direkten Aktieninvestment.“
Bei einem Investment in eine Einzelaktie würde ich das Risiko eines Anlegers als deutlich höher bewerten. Beim Kauf von ETFs bietet es sich an in einen oder mehrere marktbreite ETFs auf Indexe wie den FTSE All-World, den MSCI World oder den MSCI Emerging Emerging Markets zu investieren, die wiederum aus mehreren hunderten oder sogar tausenden Aktien bestehen.
Damit trägst Du dann als Anleger zwar das allgemeine Marktrisiko, hast aber nicht das Risiko einer Einzelanlage, die ja nur einen geringen Prozentsatz im ETF ausmacht. Grob gesat, es kann Dir egal sein, ob Unternehmen XYZ Konkurs anmeldet, denn das fällt in deinem Portfolio nicht ins Gewicht. Bei einer Einzelaktien kann das aber den Totalverlust bedeuten.
Insgesamt bin ich dazu geneigt, solche Artikel im Bereich der Investmentpornographie zu verorten. Ob bewusst oder unbewusst, werden hier Tatsachen mit falschen Aussagen vermischt, die einen Neuling verunsichern können. Lass Dich beim Kauf von ETFs nicht von solchen Artikeln aus der Ruhe bringen.
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