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Passiv Investieren – Warum das Geld nicht passiv anlegen?

Geht das? Warum Geld nicht passiv anlegen?

Passiv investieren ist auch genau Dein Ding? Dann pass gut auf. In diesem kurzen Artikel geht es heute nämlich darum, warum Du Geld nicht passiv anlegen kannst.

Der Hintergrund dazu ist folgender. Wer regelmäßig diesen Blog liest, weiß natürlich: ich benutze außer Plain Vanilla-Indexfonds wie S&P 500 oder MSCI World gerne auch Faktoren-ETFs.

Okay. Dein erster berechtigter Einwand lautet wahrscheinlich gleich: was heißt da regelmäßig. Na, der traut sich was. Dazu müsste der faule Kerl doch erst einmal regelmäßig schreiben. Du hast den Blog und Deine Leserinnen und Leser zuletzt doch ziemlich verwahrlost.

Okay. Okay. Der Punkt geht an Euch. Sorry erst einmal für die lange Abwesenheit. Ich würde gerne Besserung geloben, aber momentan komme ich durch die viele Arbeit oft nicht dazu.

Habt Ihr mich wenigstens vermisst? Ich Euch schon.

Aber zurück zum Thema, denn wenn jemand, wie ich, Faktoren-ETFs nutzt, kommt oft ein Einwand.

Ist das überhaupt noch passiv investieren, wenn Du Faktoren-ETFs nimmst? Diese Frage wurde mir in der Vergangenheit öfter gestellt und darum geht es in diesem Artikel.

Genau genommen gehe ich heute sogar etwas weiter und zeige Dir, warum passiv investieren eine Illusion ist.

Also, hat der ETF-Yogi mittlerweile seine Meinung geändert und ist ins aktive Lager gewechselt?

Passiv Investieren? Warum ich mein Geld nicht passiv investieren kann

Warum investierst Du Dein Geld nicht einfach passiv?

Klar. Darüber habe ich natürlich auch schon nachgedacht. Passiv investieren ist aber nichts für mich. Trotzdem bezeichne ich mich manchmal als einen passiven Investor.

Hä? Wie passt das denn jetzt zusammen?

Nun. Wer Faktor-ETFs benutzt, kann sein Geld nicht passiv anlegen. Ich bin also ein aktiver Anleger.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: mit passivem investieren lässt sich, meiner Meinung nach, kein Vermögen aufbauen.

Oh nein. Jetzt auch noch der ETF-Yogi? Blasphemie. Werfe ich da gerade meine alten Prinzipien über Bord und mache den Finanzwesir? Präsentiere ich Euch nun im Sonderangebot einen aktiven Fonds an?

Keine Sorge. An meiner Einstellung hat sich gar nichts geändert. Ich mache alles wie immer. Ich reite nur Mal wieder Prinzipien und haarspalte die Wörter.

Und da steht für mich eines fest: so etwas wie passives Investieren gibt es gar nicht. Was sollte das auch sein?

Investieren bedeutet immer, willentlich einen Aufwand zu betreiben, um etwas zu erreichen.

Wer nicht sät, der erntet auch nicht. Wer nicht aktiv wird und etwas investiert, kann auch nur schwer Wohlstand aufbauen, außer vielleicht durch Erbe.

Passiv investieren? Wer seinen Weinberg nicht hegt und pflegt, erntet auch keinen guten Wein.

Du legst z.B. gezielt Geld an, in der Hoffnung damit einen Zuwachs an Vermögen zu erreichen. Oder Du investierst Zeit und Mühe, um ein Ziel zu erlangen.

Selbst wenn Du Dein Geld so passiv wie möglich verdienen willst, musst Du erst Mal den Hintern hochbekommen. Du musst aktiv werden.

Im Gegensatz zu jenen, die ihr Geld nicht anlegen, musst Du ein Depot einrichten, Dir Geld dorthin überweisen, einen ETF aussuchen und einen Sparplan einrichten.

Zugegeben. Sehr viel Aufwand ist es nicht. Im Vergleich zu jemandem, der sein Geld einfach auf dem Girokonto lässt, hast Du aber durchaus Einsatz gezeigt.

Du hast zielgerichtet gehandelt. Du bist ein aktiver Investor.

Ein passiver Ansatz wäre, das Geld auf dem Konto nicht anzurühren. Da liegt es dann faul herum, macht gar nichts und sinkt, dank Inflation, sogar beständig im Wert. So kannst Du kein Vermögen aufbauen, es sei denn, Dein Verdienst ist hoch genug.

Wenn ich und andere den Ausdruck „passiv investieren“ normalerweise benutzen, dann ist das streng genommen gar nicht richtig.

Er hat dennoch seine Berechtigung. Ich nutze ihn normalerweise, um mich von dem abzugrenzen, was man wohl besser als hyperaktives Investieren bezeichnen sollte.

In diesem Sinne werde ich das auch weiterhin tun, auch wenn ich weiß, dass man Geld nicht passiv anlegen kann.

Hyperaktives Investieren

Was ist hyperaktives Investieren. Nun. Hier geht es um das Übliche. Die Sprüche wie „Hin und her macht Taschen lehr.“ usw. kennst Du alle zur Genüge.

Die Idee, den Markt schlagen zu können, indem Du zum richtigen Zeitpunkt Aktien oder andere Vermögenswerte kaufst, um sie dann kurz darauf mit Gewinn weiterzuverkaufen – das funktioniert in der Praxis nur selten.

Das Gleiche gilt für Derivate wie Optionen, bei denen Du dasselbe mit Hebel betreibst. Hier sind die Verlustchancen sogar oft noch deutlich höher.

Für mich zählt dazu aber auch ein eher passiverer Ansatz, bei dem Du einfach in bestimmte aktive gemanagte Fonds investierst.

Du handelst dabei dann vielleicht gar nicht selbst hyperaktiv, sondern besparst den Fonds automatisiert mit monatlichen Sparbeiträgen.

Das hyperaktive Handeln übernimmt dabei ein Fondsmanager für Dich, der dabei das Ziel hat, den Markt zu schlagen.

Wie der SPIVA-Report regelmäßig zeigt, gelingt das in der Mehrheit der Fälle nicht.

Du machst selbst zwar nicht viel, aber der Manager kauft und verkauft munter in Deinem Namen.

Bekanntermaßen ist hyperaktives Investieren, also alle drei oben genannten Ansätze im Regelfall nicht besser, als das im Vergleich dazu doch recht passive Investieren mit Indexfonds und Index-ETFs.

Passiv Investieren – Index-ETFs sind nicht passiv

Selbst wenn Index-ETFs passiv sind, sind es auch die Anleger?

Okay, Wenn ich also einfach nur in Plain Vanilla-Indexfonds bzw. in Index-ETFs investiere, dann ist das schon ziemlich passiv, oder? Was soll das jetzt heißen „Index-ETFs sind nicht passiv“?

Nun, Index-ETFs, sind nicht per se passiv, wenn Du mich fragst. Sie sind ein Finanzinstrument und als solches zunächst einmal weder aktiv noch passiv.

Index-ETFs sind aber börsengehandelte Fonds. Das heißt, Du kannst sie jederzeit kaufen und verkaufen bzw. Handel damit treiben. Sie sind somit eigentlich für den aktiven Handel konzipiert. Per se sind ETFs nicht passiv.

Es hängt also davon ab, was Du mit ihnen treibst. Du kannst diese natürlich wie Aktien handeln, versuchen zu timen bzw. spekuliere oder aber Buy and Hold praktizieren.

Es ist leider so, dass die Rendite, die Privatanleger mit Indexfonds und die Rendite der Indexfonds selbst laut Studien stark von einander abweichen. (Dasselbe gilt übrigens auch für aktiv gemanagte Fonds.)

Das hat damit zu tun, dass Privatanleger eben meist kein Buy and Hold-Betreiben, sondern versuchen, den Markt zu schlagen, indem sie kaufen und verkaufen.

Geschenkt. Ein solcher aktiver Ansatz mit ETFs gehört für mich zwar ohnehin zum hyperaktiven Investieren, aber das ist gar nicht das, worum es mir in diesem Artikel eigentlich geht.

Das ist schließlich eine Sache, die Du selbst in der Hand hast und die Du ganz einfach abstellen könntest.

Index-ETFs sind nicht passiv, zumindest nicht richtig

Selbst wenn Du nun aber relativ passiv in Index-ETFs oder Indexfonds investierst und einen sturen Buy and Hold-Ansatz verfoglst, gilt ebenso: Indexfonds und Index-ETFs sind nicht passiv, zumindest nicht  richtig.

Du bist dann vielleicht passiv und der Index-ETF oder Fonds scheint das auch zu sein – der DAX ist doch der DAX, oder? – aber stimmt das wirklich?

Wenn Du Dir einen Index wie den S&P 500, Nasdaq 100, MSCI World oder meinetwegen auch den DAX näher ansiehst, stellst Du fest, dass sich da unter der Haube doch etwas tut.

Ein Statement wie, „Sei der Markt! Kaufe einfach einen Index wie den MSCI World oder S&P 500.“ ist nicht ganz korrekt. Ist der S&P 500 wirklich der Markt? Ist der MSCI World der Markt? Nein.

Es handelt sich bei beiden um einen Aktienkorb, der nach bestimmten Kriterien zusammengestellt,  gewichtet und immer wieder angepasst wird.

Wie kommen eigentlich die Unternehmen in den Index hinein? Da gibt es kein Naturgesetz, dass die Zusammensetzung der Indizes und der darin enthaltenen Werte festlegt. Tatsächlich stecken dahinter aktive Entscheidungen.

In den meisten Fällen entscheiden ETF-Anbieter natürlich nicht, welche Aktien im ETF enthalten sind. Es sind die Indexanbieter, die festlegen, wie der jeweilige Index konstruiert ist.

Die größten darunter sind MSCI, S&P Dow Jones Indices, FTSE Russell oder STOXX Ltd. Für die heimischen Indizes DAX, SDAX, MDAX und TecDAX zeichnet zum Beispiel STOXX Ltd. verantwortlich.

Alle drei Monate entscheidet der Indexanbieter darüber, ob jemand neu in den DAX aufgenommen wird oder diesen verlassen muss. Auch die Gewichtung der einzelnen Unternehmen im Index wir regelmäßig angepasst.

Das erfolgt natürlich regelbasiert, aber die Regeln bestimmt dabei der Indexanbieter und die können teilweise auch Raum für Interpretation lassen.

So müssen Aktien zwar bestimmte Kriterien erfüllen, um in den S&P 500 aufgenommen zu werden, aber letztlich entscheidet darüber ein Komittee.

David Blitzer, ehemaliges Mitglied des Komittees, machte in einem Blog-Artikel deutlich, dass das S&P 500-Kommittee nicht stur einem Regelwerk folgt und damit durchaus Ähnlichkeiten zum aktiven Management aufweist.

Es sind auch die Indexanbieter, die zum Beispiel festlegen, zu welcher Branche (Finanzen, Technologie, Gesundheitswesen, etc.) eine Aktie gezählt wird.

Ebenso verhält es sich bei der Frage, ob ein Land als Emerging Market oder Developed Market angesehen wird. Dass es hier durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt, zeigt sich am Beispiel Südkorea. Während MSCI das Land zu den Emerging Markets zählt, wird es bei FTSE unter den Developed Markets gelistet.

Auch die Frage, ob Aktienwerte innerhalb eines Indizes nach Marktkapitalisierung gewichtet werden oder nicht, ist letztlich eine aktive Entscheidung.

Wo ist nun also der große Unterschied zwischen einem DAX-, S&P 500 oder MSCI World-ETF und einem Faktoren-ETF? Ist er wirklich so groß?

Allen liegt ein Index mit einem Regelwerk zugrunde. Ja, beim Faktoren-ETF sind die Regeln vielleicht umfangreicher oder einfach andere, aber ist das dadurch wirklich ein aktiverer Ansatz?

All diesen ETFs liegt ein Regelwerk zugrunde, das über die Zusammensetzung des jeweiligen Indizes bestimmt. Im Falle eines Faktoren-ETFs sind es lediglich andere Regeln, die zur Anwendung kommen.

Der DAX im Wandel der Zeit

Noch nicht überzeugt? Dann schau Dir doch Mal den DAX an. Gestartet ist er 1988 mit 30 Aktiengesellschaften.

Bis September 2021 enthielt der DAX nach eigenem Verständnis die bedeuntendsten deutschen Aktiengesellschaften.

Seit gut 2 Jahren wurde er aber aufgestockt und enthält jetzt 40 Unternehmen. Der MDAX wurde hingegen von 60 auf 50 Mitglieder verkleinert.

Die Indizes wurden also einfach geändert und als passiver Buy and Hold-Anleger mit einem DAX-ETF warst Du an diesem aktiven Vorgang direkt beteiligt.

Darüber hinaus hat sich die Zusammensetzung des DAX seit 1988 immer weider verändert. Es gab Auf- und Abstiege, aber auch Delistings (z.B. Linde).

Ununterbrochen seit 1988 im DAX enthalten sind nur Allianz, BASF, Bayer, BMW, Daimler-Benz, Deutsche Bank, Henkel, RWE, Schering, VEBA, VIAG und Volkswagen.

Es gab dort also viel Bewegung. Aktuell verdrängte Rheinmetall den Dialysespezialisten Fresenius Medical Care. Das läuft natürlich regelbasiert ab, aber auch die Regeln ändern sich mit der Zeit (siehe z.B. die DAX-Indexreform 2020/21).

Nicht-hyperaktives, regelbasiertes Investieren

Wenn schon Mal klar ist, dass man Geld nicht passiv anlegen kann, wie sollte man sein Geld denn dann anlegen?

Nach Möglichkeit das Geld passiv anlegen ist schon gut, aber Du solltest daraus kein Dogma machen, wohlwissend, dass es eine rein passive Geldanlage gar nicht gibt.

Ich vermeide nach Möglichkeit einfach alles, was bei der Geldanlage besonders schädlich bzw. besonders aktiv ist. Das heißt, ich vermeide:

  • Geldanlagen, die hyperaktives Handeln beinhalten (richtig aktive Fonds, die häufige Umschichtungen vornehmen
  • nicht regelbasierte Geldanlagen (z.B. Fonds mit einem Management, dass auf Vorhersagen setzt und nicht auf ein striktes Regelwerk)
  • wenig diversifizierte Geldanlagen (Einzelaktien oder konzentrierte Portfolios)
  • Geldanlagen mit hohen Kosten (z.B. Versicherungsmantel, Ausgabeaufschlag, hohe laufende Kosten)
  • sehr illiquide Geldanlagen (z.B. geschlossene Fonds)
  • hochriskante Geldanlagen (Chance auf Totalverlust hoch)
  • komplizierte und unverständliche Geldanlagen

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In der Regel sind für mich also breit diversifizierte und passiv gemanagte Index-ETFs und Indexfonds hervorragend. Wie im Fall der Fonds von Dimensional Fund Advisers oder Avantis, gibt es aber auch scheinbar „aktiv“ gemanagte ETFs und Fonds, die diese Kriterien erfüllen.

So wie nicht jeder ETF ein kostengünstiger, breit diversifizierter, passiv gemanagter Fonds sein muss, ist auch nicht jeder aktiv gemanagte Fonds automatisch teuer, hyperaktiv oder nicht-regelbasiert.

Darüber hinaus sind viele Faktoren-ETFs kostengünstig, regelbasiert und breit diversifiziert. Sie können sich damit sehr wohl für den zielgerichteten Vermögensaufbau eignen.

ETF-Yogi Rolf Scheuermannr

Wie siehst Du das? Gibt es „passiv investieren“ oder habe ich Recht und Du kannst Geld nicht passiv anlegen? ETFs sind nicht passiv, oder am Ende doch? Ist nicht viel eher hyperaktives Investieren, das Problem und nicht regelbasiertes aktives Anlegen? Schreibe mir gerne Deine Meinung dazu in einem Kommentar! Auch Anregungen und Kritik sind natürlich willkommen.

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P.S.: wenn es Dich interessiert: vor Kurzem war ich Mal mit einer Antiquität zusammen mit meinem Sohn bei Bares für Rares. Den Beitrag findet ihr hier.

etf-yogi:

View Comments (6)

  • Moin Rolf,

    Danke fuer den prinzipiell guten Artikel.

    zu "Ich reite nur Mal wieder Prinzipien und haarspalte die Wörter" trage ich liebend gerne bei 😂

    Naemlich zu deiner Bildunterschrift: "Wer nicht sät, erntet nicht, wie bei der Weinernte." ist leider BS 🤷‍♂️

    Wein wird gerade nicht gesaet, sondern ein vegetativ vermehrtes Edelreis wird auf eine geklonte Wein-Unterlage gepfropft.

    Wenn du ein anderes Bsp aus der Landwirtschaft verwenden wuerdest (Raps, Gerste, Weizen, Mais, Zuckerrueben) stimmt es wieder. Vielleicht findest Du dazu ein entsprechendes Bild?
    Achtung, Kartoffeln werden idR auch nicht gesaet. 😉

    Aus der Serie: "wieder was gelernt" ❤

    LG Joerg

    Zum Thema: Was haelst Du eigentlich von dem Satz: "Wenn man stets das gleiche Experiment macht und trotzdem auf ein anderes Ergebnis hofft, ist das ziemlich wunderlich?"

    Hast du schon mal die pers. Minder-Rendite deiner Anlagestrategie (Factor-Investing) gegenueber Vang.All World ETF ausgerechnet und mit Deiner Frau besprochen?

    Wie willst du diese angesammelte Minderrendite jemals wieder aufholen? Wie vor Euren Kindern rechtfertigen?

    Was muesste passieren, damit du umkehrst?

    a) nach 10 Jahren Minder-Rendite (es geht ums Prinzip)
    b) nach 20 Jahren Minder-Rendite (zu spaet, da zu alt?!)
    c) nix, ich sterbe mit Factor-Investing (sollen die Erben sich darum kuemmern)

    • Hallo Jörg,

      danke für Deinen Kommentar! Daran erkennt man gleich das Stadtkind - obwohl ich das eigentlich auch weiß und wohl einfach ziemlich unachtsam schrieb. ;) Ich hatte nach einer Unterschrift für das Bild unseres Kurzurlaubes gesucht, aber das ist definitiv nicht gelungen.

      Zur Unterrendite von Factor-Investing. Da bleibe ich, nach wie vor, entspannt und halte es mit Eugene Fama, der gefragt wurde, wie es sein könne, dass das Small Cap Premium sich über Dekaden zuletzt nicht gezeigt hat. Seine Antwort: "Aha, sind aber nicht sehr geduldig, oder?" Unser Portfolio ist ja wirklich für lange Zeiträume gedacht. Davon abgesehen, sieht es aktuell ohnehin ganz anders aus. Bedingt durch einen Immobilienverkauf liegt gut die Hälfte im Vanguard ESG Global All Cap. Leider war hier eher der Zeitpunkt (direkt nach Corona und vor dem Ukraine-Krieg) entscheidend und kein günstiger. Darüber hinaus, kennt die Zukunft niemand und was heißt Minderrendite da eigentlich?

      Wenn man sich die historischen Werte anschaut, dann gab es in der Vergangenheit 10-Jahreszeiträume, in denen z.B. US Small Cap Value hinter dem S&P 500 zurückblieb, keine Frage. Das sind aber genau die Zeiträume, in denen der S&P 500 besonders gut performte. Die Minderrendite ergibt sich nicht dadurch, dass US Small Cap Value im beobachteten Zeitraum nicht geliefert hat - nein, die Rendite war dann so ähnlich wie immer. Der Unterschied: der S&P 500 lief in diesen Zeiträumen besonders gut. Wir hatten zuletzt eine außergewöhnliche Phase der Large Stocks. Der iShares Core S&P 500 UCITS ETF brachte auf 5 Jahre z.B. 91,49% bzw. 13,88% pro Jahr. Das liegt etwa 2% über dem historischen Durchschnitt. Small Cap Value sollte da, historisch gesehen, darüber liegen, tat es aber nicht. Dennoch sind 10% pro Jahr doch kein desaströses Ergebnis. Auf Dreijahressicht hat es sich aktuell gedreht: da liefert der SPDR MSCI USA Small Cap Value Weighted ETF 15%, was leicht über den historischen Werten liegt (zumal der Index nicht ganz ideal konstruiert ist), während der S&P 500 mit 12,85% immer noch sehr gut performt. Wie sieht es in Zukunft aus? Keine Ahnung, aber ich bleibe gerne breit aufgestellt.

      Persönlich hoffe ich, dass die Avantis und DFA-ETFs endlich auch als UCITS-konforme ETFs in Europa aufgelegt werden...

      • Danke Rolf,
        alles Gute Euch weiterhin!
        Ich druecke Euch auch die Daumen, dass Euer Small Cap Value wieder aufholt (Benchmark fuer die gesamte Aktienanlage ist fuer mich stets Vang. All World ETF oder MSCI ACWI) und mit inzwi. der Haelfte im Vang. ESG G.All Cap seit ihr ja nicht soo weit weg vom ESG-Ideologie-befreiten All World ...
        LG Joerg

        • Lieber Jörg,

          ich hätte auch den All Cap ohne ESG genommen, wenn es den gäbe. Auf Jahressicht liegt er übrigens wieder vor dem All-World, aber die sollten langfristig eh einigermaßen im Gleichklang laufen. Ich erwarte da keinen großen Vorteil, wenn überhaupt. Na ja, wenn der All World der Vergleichsmaßstab ist, muss der Small Cap Value momentan bei uns nichts mehr aufholen. Er ist ja 2021 am All-World vorbeigezogen - zumindest wenn man die maximale Laufzeit der jeweiligen ETFs als Maßstab betrachtet, was ohnehin dünn ist. Zeitweise zog er übrigens auch am S&P 500 vorbei, aber aktuell liegt er wieder leicht dahinter. So ist das mit den Faktoren, sie entwickeln sich langfristig gut, aber kurzfristig eben anders.

          Viele Grüße, Rolf

  • Ich finde, dass der Begriff "passiv investieren" etwas irreführend ist. Viele Anfänger glauben, dass sie bei passivem Investieren nichts tun müssen. Das stimmt aber nicht ganz.

    Passives Investieren bedeutet, dass man nicht aktiv in die Auswahl der einzelnen Wertpapiere eingreift. Stattdessen investiert man in einen Indexfonds, der einen bestimmten Markt oder Sektor abbildet. Das ist eine sehr kostengünstige und effiziente Möglichkeit, sein Geld anzulegen.

    Aber auch passive Investoren müssen sich mit ihrer Anlagestrategie auseinandersetzen. Sie müssen sich überlegen, in welche Anlageklassen sie investieren möchten und wie hoch ihr Risikoempfinden ist. Außerdem sollten sie sich über die Risiken des Kapitalmarkts informieren.

    Passive Investoren informieren sich auch über aktuelle Marktentwicklungen. Sie lesen Artikel, diskutieren in Foren und Kommentaren und hören Podcasts. Das alles kostet Zeit und Mühe.

    Deshalb finde ich, dass der Begriff "passiv investieren" nicht ganz zutreffend ist. Passive Investoren sind zwar nicht aktiv in die Auswahl der einzelnen Wertpapiere involviert, aber sie müssen sich dennoch mit ihrer Anlagestrategie auseinandersetzen und sich über aktuelle Marktentwicklungen informieren.

    • Hallo und danke für Deinen Kommentar,

      ich bin da im Prinzip (fast) überall bei Dir und darauf zielte der Artikel ab. Wo wir vielleicht voneinander abweichen ist der Satz "Passive Investoren informieren sich auch über aktuelle Marktentwicklungen." Das finde ich tatsächlich unerheblich und in vielen Fällen sogar kontraproduktiv. Leute, die sich viel mit dem aktuellen Marktgeschehen beschäftigen, tendieren meist dazu, ihre Strategie immer wieder an das Marktgeschehen anzupassen und somit Market Timing zu praktizieren. Das wäre nicht mehr "passiv investieren" im positiven Sinne, sondern aus meiner Sicht tendenziell eher zu viel bzw. hyperaktives Investieren. Vorausgesetzt, damit ist gemeint, Umschichtungen vorzunehmen je nach Marktlage. Eine Ausnahme wäre für mich da Rebalancing mit frischem Geld in Indizes, die schlecht gelaufen sind.

      Viele Grüße,
      Rolf