Auf die Einführung von Depotgebühren durch den Discount-Broker folgt nun wohl die flatex-Kündigung für Depotgebühren-Verweigerer.
Die Meldung, dass flatex ab 1.3.2020 Depotgebühren von 0,1% p.a. auf den Depotwert einführt schlug hohe Wellen. Mein Artikel zum Thema flatex und Depotgebühren war dann auch einer der meistgelesenen Artikel bisher.
Es hagelte viele erzürnte Kommentare und viele weitere Blogger berichteten und diskutierten darüber. In der Folge rieten viele den Anlegern dazu, dem neuen Preis- und Leistungsverzeichnis zu widersprechen. Scheinbar umsonst.
Bisher war unklar, wie flatex darauf reagieren würde. Duldet der Discount-Broker die alten Bestandskunden weiter, die einen Widerspruch einlegen oder kündigt er ihnen.
Überblick
flatex-Kündigung für Depotgebühren-Verweigerer?
Seit heute sieht es eher nach Letzterem aus, denn mich erreichten Nachrichten von mehreren Depotgebühren-Verweigerern, denen ein Kündigungsschreiben ins Haus flatterte. Vielen Dank auch an Matthias Ethnonym von Finanzfluss.de für den Hinweis.
Im flatex-Kündigungsschreiben, das mir vorliegt, kündigt der Broker einem Kunden, der Widerspruch gegen die Depotgebühr einlegte, zum 7.7.2020.
Soweit das Erwartbare. Nun folgt der humoristische Teil:
Im Falle eines Depotbestands möchten wir Sie bitten, uns rechtzeitig eine entsprechende Information zu geben, ob Sie einen Depotübertrag oder eine Wertlosausbuchung wünschen.
Was ist eine Wertlosausbuchung?
Die Wertlosausbuchung bezeichnet einen Vorgang, bei dem Dir der Broker Deine Depotpositionen in der Regel gegen eine Gebühr zum Wert von 0 ausbucht.
Ähm. Mit Wertlosausbuchung meinen die doch die Teilbruchstücke, oder? Die nehmen doch wohl nicht an, dass Du sie Dein Depot wertlos ausbuchen lässt? … Doch … die meinen es so…
Das Angebot der Wertlosausbuchung scheint wirklich das ganze Depot zu betreffen und nicht die Teilbruchstücke, die so oft beim Depotübertrag behandelt werden, um Gebühren zu umgehen.
Na ja, fragen kann man ja Mal, dachte sich flatex vielleicht. Was auf den ersten Blick Verwunderung verursacht, macht auf den zweiten Blick aber durchaus Sinn.
Hat ein Anleger die Filetstücke seines Depots längst woanders hin transferiert, liegen bei flatex vielleicht nur noch wertlose Depotleichen herum.
Diese wären dann ohnehin nichts mehr wert und die Wertlosausbuchung wäre dann eventuell ein Vorteil. Einige Anleger könnten das ja vorsorglich getan haben, um den 0,1% Depotgebühren auf jeden Fall zu entgehen.
Was passiert, wenn Du nichts machst?
Die Mehrheit hat vermutlich aber noch Bestände beim Discount-Broker, und so fährt flatex im Schreiben fort:
Falls wir keine Rückmeldung von Ihnen erhalten, werden wir vorhandene Depotbestände gemäß unserer Allgemeinen Geschäftsbedingungen Abschnitt I, Nr. 21 (2) bestens verwerten und den Erlös an das uns bekannte Referenzkonto auskehren.
Okay. Das ist schon Mal beruhigend. Machst Du nichts, dann nimmt flatex die Wertlosausbuchung immerhin nicht automatisch vor. Das wäre aber auch wirklich noch schöner…
Was steht nun also in den AGBs bei Abschnitt I, Nr. 21 (2)?
21. Abwicklung nach Kündigung
(2) Nach Zugang der Kündigung bei der Bank bzw. beim Kunden wird die Bank weitere Aufträge des Kunden nur ausführen, wenn ihr das im Einzelfall angezeigt erscheint; gesonderte Anzeigen über die Nichtausführung erfolgen nicht. Die Bank wird bei Kündigung durch eine der Vertragsparteien auf Wunsch des Kunden sofort bzw. – wenn keine spezielle Weisung erfolgt – nach billigem Ermessen unter besonderer Berücksichtigung der Interessen des Kunden alle Positionen des Kunden auf allen betroffenen Märkten sowie alle Positionen im außerbörslichen Handel auf Gefahr und Kosten des Kunden schließen oder nach Wahl des Kunden auf ein von ihm benanntes Konto/Depot bei einem anderen Kreditinstitut übertragen.
Okay. Damit sieht es für mich nun so aus: machst Du nichts, veräußert der Broker anscheinend Deine Positionen nach Ermessen und kostenpflichtig im außerbörslichen Handel und überträgt das Geld auf ein von Dir zu benennendes Konto/Depot.
Damit ist also allerspätestens jetzt klar, dass flatex-Kunden ein neues Zuhause suchen. Smartbroker, der sich ja bereits laut und deutlich als flatex-Alternative positioniert hat, wird’s freuen.
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Mich würde natürlich interessieren, wie viele Leute es betrifft. Schließlich vermeldete flatex unlängst das beste Quartal aller Zeiten.
Da war die Rede von 170.000 Neukunden im ersten Quartal von 2020, was mich etwas irritierte. Wieso sollte das Geschäft ausgerechnet jetzt brummen?
Wieso gerade zu einem Zeitpunkt, an dem Anleger wegen der Einführung der Depotgebühren flatex erzürnt in Scharen den Rücken kehren – zumindest lassen das die vielen Kommentare im Netz vermuten.
Was kommt nach der flatex-Kündigung?
Natürlich stellt sich auch die Frage, was die Depotgebühren-Verweigerer nach der flatex-Kündigung machen. Abwarten scheint mir keine Option und das freundliche Angebot einer Wertlosbuchung dürfte auch nur wenige locken.
Die einzig sinnvolle Option ist wohl ein Depotübertrag . Hätte ich mein Depot bei flatex – letztes Jahr stand die Überlegung im Raum – würde ich mich jetzt wohl schleunigst um einen Depotübertrag kümmern.
Depotübertrag nach flatex-Kündigung dauert?
Wie ich mittlerweile von zwei unabhängigen Personen gehört habe, kann der Depotübertrag nach der flatex-Kündigung zu einem anderen Broker richtig lange dauern.
3 Monate und mehr scheinen im Bereich des Möglichen zu liegen. Ich bin gespannt, ob sich nun noch mehr ehemalige flatex-Kunden und Ähnliches berichten oder es doch nur Einzelfälle sind.
In diesem Zusammenhang bin ich auch auf einen finanz-szene.de-Artikel aufmerksam geworden. Dort heißt es, die Bafin habe sich den Online-Broker bereits vorgeknöpft und verfolge die Vorgänge.
Sollten die Berichte stimmen, wäre es für mich erstaunlich, wenn der Depotübertrag bei einigen Kunden im Mai immer noch nicht abgeschlossen wäre.
Mit etwas Humor kannst Du es natürlich als letzten Dienst am Kunden betrachten. Immerhin hat flatex damit sicher einige Anleger davon abgehalten, ihr Depot panisch auf dem Höhepunkt der Corona-Krise (falls er das schon war) zu veräußern.
Falls Du auch von einem verzögerten Depotübertrag nach der flatex-Kündigung betroffen bist, schildere gerne Deinen Fall im Kommentar. Außerdem könntest Du natürlich eine Beschwerde bei der Bafin erwägen.
Broker als flatex-Alternativen gibt es viele
flatex-Alternativen gibt es zum Glück mittlerweile genug. Das Timing für die flatex-Kündigung hätte wohl nicht schlechter sein können, denn an Brokern gibt es derzeit viel Auswahl.
Smartbroker bietet ein ähnliches Portfolio an wie flatex und sogar die Santander hat als Filialbank ein kostenloses Depot mit attraktiven Konditionen und ca. 800 ETFs.
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Auch bei die DKB hat ein ordentliches Depot mit breitem ETF-Angebot, in dem sich viele der bei flatex sparplanfähigen ETFs finden. In Verbindung mit kostenlosem Girokonto und Visakarte ist das eine Überlegung wert.
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Mit Trade Republic ist jetzt sogar ein Handybroker mit dauerhaften Gratissparplänen auf der Bühne erschienen. Einziges Manko: es gibt dort lediglich iShares-ETFs.
Ein Übertrag anderer ETFs dürfte leider nicht möglich sein, was sich jetzt rächen könnte. Ich bin mir sicher, dass viele flatex-Kunden über einen Wechsel zu Trade Republic nachdenken.
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Bist Du von der flatex-Kündigung betroffen?
Bist Du auch ein Depotgebühren-Verweigerer und von der flatex-Kündigung betroffen? Dann würde ich mich ganz besonders über einen kurzen Kommentar von Dir freuen. Auch wenn es schwer fällt, würde ich Dich bitten, dass der Ton sachlich bleibt.
Ebenso würde es mich natürlich interessieren, wenn Du den Depotgebühren widersprochen hast, aber keine flatex-Kündigung erhalten hast.
Mich haben jetzt auch schon zwei Beschwerden erreicht, dass der Depotübertrag nach der flatex-Kündigung unverhältnismäßig lange dauert. Falls Du eigene Erfahrungen dazu hast, schildere Sie bitte gerne!
Vielen Dank auch wieder an Matthias Ethnonym von finanzfluss für den Hinweis.
Alle Angaben und Information erfolgten nach bestem Wissen und Gewissen und dienen nur der Unterhaltung und allgemeinen Information. Es wird keine Gewähr für deren Richtigkeit übernommen.
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