Jedes Jahr im Januar gibt das statistische Bundesamt Daten zu Inflation und Verbraucherpreisen des Vorjahres bekannt. Heute war es soweit und wir wissen nun, wie hoch die Verbraucherpreise 2019 waren.
Das nehme ich dann auch gleich zum Anlass, über eine Erhöhung meiner Sparrate nachzudenken, denn die möchte natürlich an die Inflation angepasst sein. Doch zunächst einmal die Daten auf die alle warten.
Überblick
Verbraucherpreisindex und Inflation für Dezember und das Jahr 2019
Laut Pressemeldung des statistischen Bundesamtes hatte der Verbraucherpreisindex im Dezember 2019 ein Plus von 1,5% gegenüber dem Vorjahresmonat und lag damit sogar 0,5% höher als der November 2019. Die Werte des harmonisierten Verbraucherpreisindex sind identisch, außer, dass die Steigerung gegenüber dem Vormonat 0,6% beträgt.
Im Jahresdurchschnitt lag die Inflation damit, wie zuvor geschätzt, 1,4% über der des Jahres 2018. Sie ist damit etwas niedriger als 2018. 2019 war die Jahresteuerungsrate demnach „niedriger als im Vorjahr (2018: +1,8 %)“, so die Mitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis)
Entsprechend der Kriterien der Europäischen Zentralbank ist damit Preisstabilität gegeben, auch wenn einzelne Preise des Warenkorbs stiegen und andere fielen. So stiegen zum Beispiel die Preise für Erdgas (+5,2%) oder Tabakwaren (4,2%) währen die Preise für Kraftstoffe (-4,5%) oder Telefone (-6,8%) deutlich fielen.
Schreckgespenst Inflation
Das Schreckgespenst Inflation war letztes Jahr niedriger als im Vorjahr und bewegte sich mit 1,4% auf einem ziemlich niedrigen Level bewegt. Die europäische Zentralbank spricht sogar von Preisstabilität Es scheint aktuell also eher ein kleines Gespenst zu sein
Wir haben Preisstabilität. Von wegen Schreckgespenst Inflation – alles halb so wild also?
Nein, denn Preisstabilität heißt nicht, dass die Preise nicht steigen. Die EZB strebt eine Inflation von unter, aber nahe an 2 % an. Du musst also trotzdem mit einer Steigerung der Verbraucherpreise rechnen.
Dynamik – Die Anpassung der Sparrate an die Inflation
Braucht es dann überhaupt eine Dynamik bei der Sparrate? Viele ETF-Anleger müssen das ja von Hand machen. Lohnt sich der Aufwand?
Eine Dynamik bei der Sparrate, also die Anpassung der Sparrate an die Inflation, ist auch bei relativ stabilen Verbraucherpreisen wichtig. Die Inflation kann ja auch jederzeit wieder anziehen. Keiner weiß, was in 20, 30 Jahren ist.
Um wie viel solltest Du sie anpassen? Das hängt von Dir ab. Ich sehe das quasi als Verhandlung über mein zukünftiges Gehalt mit mir selbst:
ETF-Yogi: Lieber ETF-Yogi, möchtest Du im Alter monatlich mehr Geld zur Verfügung haben?
ETF-Yogi: Klar, gerne. Wer denn nicht? Nur kosten darf es nichts extra.
ETF-Yogi: Ähm. Dir ist aber schon klar, das Du hier nicht mit der Gewerkschaft verhandelst, sondern mit Dir selbst?
ETF-Yogi: Ja. Schon. Ich mag aber halt nicht mehr ausgeben als ich muss.
ETF-Yogi: Verstanden. Ist ja schon recht. Eine Inflationsanpassung fände ich aber sinnvoll. Die 1-2% sollten doch gehen, nicht wahr?
ETF-Yogi: Na gut. So viel ist es ja auch wieder nicht. Nur. Was soll das bringen? Von dem bisschen Erhöhung habe ich doch später auch nichts, oder?
ETF-Yogi: Meinst Du? Eigentlich ist die Inflationsanpassung gar keine Erhöhung. Sie stellt nur sicher, dass Du weiterhin Geld im gleichen Wert investierst wie jetzt. Aber lass uns einfach mal rechnen.
Inflationsrisiko Was macht die Inflation mit Deinem Geld?
Wie viel ist Dein Geld in 10, 20 oder Jahren wert, wenn Du es unverzinst auf dem Konto liegen lässt? Besteht hier ein Inflationsrisiko?
Nun, durch die Inflation kommt es zum Kaufkraftverlust. 2019 waren es 1,4%, 2018 sogar 1,8%. Das klingt nicht nach viel, doch der Kaufkraftverlust nagt an Deinem Vermögen. Über die letzten vierzig Jahre lag die durchschnittliche Inflation etwas über 2%.
Als Konsequenz verliert Dein Geld dadurch mit der Zeit immer mehr an Wert. In Summe hast Du dann zwar nicht weniger Geld, kannst dafür aber nicht mehr so viel kaufen. Das Inflationsrisiko solltest Du also ernst nehmen.
Gehen wir davon aus, die Inflation bleibt zukünftig auf einem niedrigen Niveau und steigt nicht über 2%. Geht sie doch höher, sollte man bei den Sparraten natürlich nachbessern. Auf den ersten Blick klingen 2% nicht bedrohlich. Doch was macht es mit Deinem Geld?
Ausgangsbetrag | 10.000€ |
Kaufkraft nach 5 Jahren (2% Inflation) | 9.057,31 |
… Kaufkraft nach 10 Jahren | 8.203,48€ |
… Kaufkraft nach 15 Jahren | 7.430,15 |
… Kaufkraft nach 20 Jahren | 6.729,71€ |
… Kaufkraft nach 25 Jahren | 6.095,31€ |
… Kaufkraft nach 30 Jahren | 5.520,71€ |
… Kaufkraft nach 35 Jahren | 5.000,28€ |
Schluck. Nach 35 Jahren hat sich die Kaufkraft meiner 10.000€ halbiert, wenn ich sie unverzinst auf der Bank oder unter dem Kopfkissen liegen lasse. Immer wieder erschreckend zu sehen, was der Zinseszins so anstellt.
In Indien konnte ich gut beobachten, was hohe Inflationsraten bedeuten. Während meines Studiums in Neu Delhi von 2000 bis 2005 lag sie knapp unter 4%, stieg dann aber rasch und erreichte bis 2009 mit 12,31% ihren vorübergehenden Höhepunkt.
Seit 2005 war ich mindestens jedes zweite Jahr in Indien und bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie schnell die Verbraucherpreise dort steigen. Nach einer kurzen Erholung mit Werten um die 4% stieg die Inflation im Dezember 2019 mit 7,35 wieder rassant an.
Wer weiß, ob uns nicht zukünftig auch einmal wieder solche Zeiten wie aktuell in Indien blühen. Vielleicht ist die Annahme von 2% ja sogar sehr optimistisch.
Was bedeuten 2% Inflation für Deine Altersvorsorge?
Bei den Berechnungen für die private Altersvorsorge klingt das oft so toll. Wenn Du 100,- monatlich zurücklegst und eine Rendite von etwa 6% bekommst, werden daraus in 35 Jahren knapp 140.000 €. Du hast nur 42.000 € angelegt und bekommst dafür 140.000 Euro. Super.
Bei einer jährlichen Entnahmerate von 4% sind das – Kosten und Steuern außen vor gelassen – monatlich etwa 467€ zusätzlich im Alter. Auf den ersten Blick wirklich recht ordentlich.
Na ja. Wie wir gerade gesehen haben, sind die 140.000€ aber dank der Inflation nach 35 Jahren von der Kaufkraft her gerade einmal noch ca. 70.000€ wert. Autsch.
Das ist zwar okay, aber schon etwas enttäuschend. Die 467€ brutto monatlich entsprechen damit gerade einmal noch heutigen 233,5€ pro Monat.
Takeaway Nummer 1: wegen der Inflation ist es wichtig, dass das wir mehr ansparen, aber wie?
Sind langfristige Investitionen in Tagesgeld und Festgeld risikoarme Anlagen
Tagesgeld oder Festgeld sind risikoarme Anlagen und für die Altersvorsorge sollte es doch risikoarm sein, oder nicht? Was heißt da risikoarm. Von wegen.
Gut. Wenn ich Geld unverzinst liegen lasse, dann schwankt es nicht sehr stark im Wert. Trotzdem ist eine langfristige Anlage auf diese Weise, meiner Meinung nach, eines nicht: risikoarm.
Die Inflation nagt, wie schon gesagt, unaufhaltsam an Deinem Geld. 50% Kapitalverlust in 35 Jahren sind garantiert, wenn die die Verbraucherpreise mindestens 2% steigen. Es kann aber auch deutlich mehr sein.
Dagegen sind kurzfristigen Kurseinbrüche von Aktienindexen ein Dreck. Die rauschen zwar auch Mal 50% oder mehr nach unten. In der Vergangenheit haben sie sich bisher in der Folge dann auch immer wieder erholt und steigen langfristig eher.
Bei Tagesgeld bzw. Festgeld erholt sich aber gar nichts mehr. Die Zinsen sind nicht nur aktuell niedrig, sondern auch historisch. Meist liegen sie unter der Inflationsrate.
Sie bieten daher keinen Schutz vor der Inflation. Was an Kaufkraft verloren ging, kommt nicht mehr zurück. Maximales Inflationsrisiko, würde ich sagen.
Takeaway Nr. 2: kurzfristig ist eine 100%-ige Anlage in unverzinste bzw. gering verzinste Anlagen wie Tagesgeld oder Festgeld risikoarm. Bei einer langfristigen Geldanlage garantiert sie aber aufgrund des hohen Inflationsrisikos einen ordentlichen Verlust der Kaufkraft.
Für den Inflationsschutz brauchst Du Dynamik und renditeträchtige Geldanlagen
Wenn Du Dich effektiv vor der Inflation schützen möchtest, scheinen mir zwei Punkte sinnvoll:
- Dein Geld sollte in einem renditeträchtigen Investement stecken, dass mindestens die Inflation ausgleicht. Am besten wächst es sogar deutlich schneller an. Spätestens wenn Du im Alter anfängst regelmäßig Geld zu entnehmen, wird es sonst kritisch.
- Deine Sparraten sollten ebenfalls an die Inflation angepasst werden. Warum? Na. Das Geld, dass Du investierst, wird sonst auch immer weniger. Passt Du Deine Sparraten 35 Jahre lang nicht an und die Inflation beträgt 2%, sind Deine Sparraten ja auch nur noch die Hälfte wert.
Daher brauchst Du also eine Dynamik bei Deinen Sparraten in Kombination mit einem renditeträchtigen Investment, dass zumindest teilweise aus Anlageformen wie Aktienwerten bestehen sollte. Hier sind ETFs gut geeignet.
Die Sparrate für unser Portfolio passe ich daher jedes Jahr an und gehe dabei einfach von 2% aus. Das sollte kein großes Problem sein. Gehälter erhöhen sich in der Regel auch in etwa in diesem Maße.
Ich bin mir bewusst, dass es Arbeitgeber gibt, gerade private Unternehmer im sozialen Sektor, die Gehälter nicht in entsprechendem Maße anpassen. Welche Ironie, denn unsozialer geht es kaum.
Wenn Du ein bisschen über das nachdenkst, was ich über das Inflationsrisiko gesagt habe, dürfte Dir klar sein, warum das für den Arbeitgeber zwar lukrativ, für Dich als Arbeitnehmer langfristig aber äußerst problematisch ist.
Beispielrechnung – 100€ monatlich mit Dynamik
Für die Beispielrechnung nehmen wir jetzt noch einmal die Daten von oben. Wir legen wieder 35 Jahre lang 100€ monatlich mit einer Rendite von 6% an.
Dieses Mal unterliegt die Sparrate von 100€ monatlich aber einer Dynamik von 2%. Das heißt, die Sparrate steigt jedes Jahr um 2%. Am Ende der 35 Jahre liegt sie dann ungefähr bei 200€ pro Monat (die dann aber auch nur ungefähr 100 Wert sind).
Unsere Einzahlungen betragen dann nicht mehr 42.000€, sondern etwa 60.000€. Der Wert unseres Vermögens ist aber ebenfalls gestiegen und liegt jetzt bei 172.000€. In 35 Jahren haben diese bei einer Steigerung der Verbraucherpreise von 2% noch eine Kaufkraft von heutigen 86.000€.
Bei einer jährlichen Entnahmerate von 4% sind das nun – auch hier wieder Kosten und Steuern außen vor gelassen – monatlich etwa 573€ brutto zusätzlich. Das entspricht einer Kaufkraft von heute 286,67€.
Fazit
Viele Berechnungen zur langfristigen Geldanlage sehen gut aus, solange Du die Inflation nicht berücksichtigst. Schaust Du Dir die Ergebnisse inflationsbereinigt an, ist das oft ein bisschen ernüchternd.
Es macht aber klar, weshalb ich beim langfristigen privaten Vermögensaufbau, insbesondere wenn er der Altersvorsorge dienen soll, unbedingt auf (a) eine renditeträchtige Anlageform wie Aktien-ETFs setze und (b) meine Sparraten an die Inflation anpasse.
Noch dazu ist es wichtig, die laufenden Kosten möglichst gering zu halten. Diese wurden hier gar nicht berücksichtigt. Es gibt aber bereits einige ETFs, die eine Tracking-Differenz von 0 haben. Die Kosten spielen da dann keine wirkliche Rolle mehr.
Was hältst Du von dem Artikel? Machen die ~2% pro Jahr etwas aus?
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View Comments (3)
Ich rechne nicht nur mit Nachsteuer-Rendite sondern auch mit Nachinflations-Rendite. Also würden z.B. 8% Bruttorendite p.a. in Wirklichkeit ~6% Nachsteuer-Rendite und ~4% Nachsteuer- und Nachinflations-Rendite entsprechen. Dann sieht man direkt die erschreckenden Zahlen... :(
Schöner Artikel, der das Thema von so ziemlich allen Seiten beleuchtet.
Ich passe meine Sparraten nur indirekt an. 15% meines Jahresdurchnittsnettos (Monatsgehalt plus Urlaubs und Weihnachtsgeld, ohne Boni) gehen in mein ETF Depot. Da - wie du ja auch geschrieben hast - mein Arbeitgeber mein Gehalt regelmäßig anpasst, habe ich hier einen indirekten Inflationsausgleich, solange die Lohnerhöhung (nach Steuern) etwa der Inflation entspricht. Die Altersvorsorge ist also gesichert :)
Der zweite Teil meiner Investitionen (mein "Spaßdepot") speist sich aus dem, was mein Haushaltsbudget übrig lässt. Ich lebe nicht frugal, erlaube mir also jedes Jahr durchaus einen Puffer zu den tatsächlichen Ausgaben des vorherigen Jahres. Hier ist Inflationsausgleich nicht zwingend gegeben, aber das Depot ist auch eher dafür gedacht, mir ggf. vor der Altersrente Teilzeit zu erlauben (bzw. irgendwo muss das "überzählige" Geld ja hin). Und da ich meinen Job mag, ist das kein Problem, wenn hier ein paar Jahre Differenz zu einem nicht definierten Ziel entstehen. :D
Zusätzlich tracke ich über mein Haushaltsbuch noch die persönliche Inflation (Verhältnis der variablen Ausgaben zum Vorjahr). Hier vermischt sich natürlich lifestyle inflation mit der Teuerung des alltäglichen Leben, aber für die Interpolation, wie viel Geld/Rente irgendwann gebraucht wird ist das die sinnvollere Größe.
So..eigentlich wollte ich keinen Roman schreiben, nun ist es doch ein kleiner geworden..naja, vielleicht findet jemand meine Überlegungen ja hilfreich :)
Ich darf mich nicht über lange Kommentare beschweren, schließlich schaffe ich es auch selten, mich kurz zu fassen. :D
Die 15% vom Gehalt (+Spaßdepot) klingen nach einem gut durchdachten Ansatz und das Haushaltsbuch ist natürlich toll. Die persönliche Inflation ist auf jeden Fall aussagekräftiger als die Allgemeine. Super!