Es ist geschafft. Du hast endlich mit dem Anlegen begonnen und investierst in Aktien, Anleihen, ETFs oder Fonds. Früher oder später stößt Du dann auch auf das Thema Portfolio Rebalancing. Doch worum geht es dabei? Und wie geht das eigentlich?
Überblick
Was ist Rebalancing?
Rebalancing bedeutet zunächst einmal auf Deutsch, ein „Gleichgewicht wieder herzustellen“ wenn etwas ins Ungleichgewicht gekommen ist bzw. das Ganze „wieder auszubalancieren“. Um welches Gleichgewicht geht es hier? Es ist natürlich das Gleichgewicht Deines Portfolios. Was ist Rebalancing also? Genau. Die Wiederherstellung deiner ursprünglichen Portfolio-Struktur.
Bevor Du mit dem Investieren begonnen hast, hast Du Dir ja vermutlich überlegt, was Du kaufen möchtest. Okay. Es gibt auch Leute die einfach so darauf los kaufen. Auch das ist erst einmal okay, denn es ist wichtig, überhaupt erst einmal mit dem Investieren anzufangen.
Irgendwann hattest Du Dir aber sicher eine Strategie überlegt und Dein Portfolio entsprechend ausgerichtet. Wenn Du langfristig Erfolg haben möchtest, ist eine Strategie einfach wichtig. Die Portfolio-Struktur bzw. Deine Strategie sollte in der Regel so ausgerichtet sein, dass Du Deine Ziele mit dem passenden Maß an Risiko erreichst.
Nach einer gewissen Zeit, sieht Dein Portfolio aber oft ganz anders aus, als am Anfang. Da ist dann von etwas vielleicht viel mehr oder wenig als geplant enthalten und das Risikoprofil Deines Portfolios hat sich auch geändert.
Portfolio Rebalancing hilft Dir dabei, Deine Strategie langfristig durchzuhalten. Wie geht das? Es stellt die ursprüngliche Struktur Deines Portfolios wieder her und damit Deine ursprüngliche Risikoausrichtung. In erster Linie ist es also eine Strategie, die der Risiko-Minimierung dient.
Wie funktioniert Rebalancing
Rebalancing lässt sich ganz gut mit M&Ms erklären. Du planst einem Fernsehabend mit einem Freund bzw. einer Freundin. Für Dich und Deinen Besuch willst Du M&Ms hinstellen. Es sollen natürlich gleich viele sein, denn das wäre sonst ja unhöflich. Daher füllst Du jetzt in der Küche jedem in etwa gleich viele M&Ms ins Glas (Bild 1).
Bevor Du sie rübertragen kannst, übermannt Dich aber der Heisshunger. Du greifst hemmungslos zu. Schwups! Im rechten Glas sind plötzlich viel weniger M&Ms als im Linken. (Bild 2) Das geht so natürlich nicht. Weder kannst Deinem Besuch ein Glas mit ganz vielen M&Ms hinstellen noch Dir ein Glas mit ganz wenigen. Das wäre doch unhöfflich.
Da die Packung mit den M&Ms bereits leer ist, gibt es natürlich nur eine Lösung. Du isst einfach solange noch von den M&Ms im ersten Glas, bis das Gleichgewicht wiederhergestellt ist. Schon passt es. (Bild 3) Jetzt kannst Du als „guter Gastgeber“ die M&Ms servieren, ohne dass etwas auffällt.
Okay. Wir könnten jetzt darüber streiten, ob Du mit diesem Verhalten wirklich ein guter Gastgeber wärst. Eigentlich möchte man seinem Gast ja möglichst viel anbieten. Auch bei der Geldanlage willst Du Dein Portfolio beim Rebalancing natürlich nicht unnötig verkleinern. Daher würde sich hier ein anderer Weg empfehlen: den leeren Topf auffüllen oder etwas aus dem volleren Topf in den leereren füllen, bis ein Gleichgewicht besteht.
Portfolio Rebalancing – Fallbeispiel 70%-30%
Portfolio Rebalancing – Vorüberlegungen
Eine beliebte Portfolio-Konstruktion ist das berühmte 70%-30%. Sagen wir, Du hast zwei ETFs. Dann fließen also z.B. 70% Deiner Anlagesumme in einen All-World-ETF, der ein reiner Aktien-ETF ist. Die anderen 30% legst Du in weltweite Anleihen unterschiedlicher Laufzeiten an. Du hast für Dich entschieden, dass das Deinem Risiko-Typ entspricht und Du Dich damit langfristig wohl fühlst.
Die Aktien sorgen für Rendite und Dynamik. Die Anleihen geben Sicherheit und bringen Ruhe in das Portfolio. Da Rendite aber von Risiko kommt, liefern Aktien voraussichtlich langfristig eine höhere Rendite als Anleihen. Zumindest war das in der Vergangenheit so. Wenn das in Zukunft auch weiterhin gilt, dann sollte das in Deinem Portfolio nach einiger Zeit ein paar Auswirkungen haben.
Statt 70% Aktien und 30% Anleihen hast Du vielleicht irgendwann 80% Aktien und 20% Anleihen. Die Rendite ist vielleicht toll, das Portfolio entspricht jetzt aber nicht mehr wirklich Deiner Strategie bzw. Deinem Risiko-Profil. Es schwankt viel mehr als Du das wolltest. Was kannst Du tun?
Es fühlt sich natürlich seltsam an, ausgerechnet in die Anlagepositionen umzuschichten, die bisher weniger rentable waren. Du bist daher vielleicht geneigt, es einfach so weiterlaufen zu sallen. Das kannst Du natürlich tun. Wenn dann aber ein Crash kommt, können die Buchverluste vielleicht höher ausfallen, als dass, was Du zu ertragen bereit bist.
Wenn Du dann panisch verkaufst, realisierst Du Deine Verluste. Davor sollte Dich die ursprüngliche Portfoliostruktur ja eigentlich bewahren. Weiterlaufen lassen ist also vermutlich keine gute Idee, es sei denn, Du bist Dir sicher, dass Du sehr starke Nerven hast. Das bedeutet dann aber, dass die ursprüngliche Portfolio-Konstruktion falsch war.
In der Regel solltest Du also lieber doch ein Rebalancing vornehmen. Das garantiert, dass Du Deine Strategie auch langfristig aufrechterhalten kannst. Portfolio Rebalancing heißt dann, dass Du das ursprüngliche Gleichgewicht Deines Portfolios wieder herstellest.
Portfolio Rebalancing mit 10.000 Euro (70-30)
Nehmen wir an, Du hast 10.000 € in Deinem Portfolio. Ursprünglich hattest Du 4.200 Euro in Aktien gesteckt und 1.800 in Anleihen. Bei den Aktien wurden daraus 8.000 €, während der Anleihen-Anteil jetzt 2.000 € ausmacht. Damit das ursprüngliche Gleichgewicht wieder hergestellt wird, kannst Du nun Folgendes tun:
- Du verkaufst ganz einfach Anteile deines Aktien-ETFs im Wert von 1.000 Euro und kaufst dafür Anleihen-Anteile. Du hast dann also 7.000 Euro im Aktien-ETF und 3.000 Euro im Anleihen-ETF. So stellst Du die ursprüngliche Ausrichtung von 70% zu 30% wieder her. Durch den Verkauf entstehen aber leider ein paar zusätzliche Kosten, insbesondere kann auch Steuer anfallen. Dementsprechend ist der zweite Ansatz in der Regel günstiger.
- Du willst keine Anteile von Deinem Aktien-ETF verkaufen? Dann kaufst Du einfach Anleihen-Anteile nach, bis die ursprüngliche Verteilung wieder hergestellt ist. Sagen wir, Du hast 1.500 € zur Verfügung. Dementsprechend steckst Du einfach 1.450 € in Anleihen und lediglich 50 € in den Aktien-ETF. Schon ist die ursprüngliche Ausrichtung deines Portfolios wieder hergestellt: 8.050 € in Aktien vs. 3.450 in Anleihen. Das Problem hierbei ist, dass Du natürlich frisches Geld brauchst, um das Rebalancing durchzuführen. Hat das Depot erst einmal eine gewisse Größe erreicht, kann das ein Problem darstellen.
- Eine weitere Möglichkeit ist natürlich, dass Du einfach ein strukturiertes Produkt kaufst, also eine Ein-ETF-Lösung wählst, oder einen Robo Advisor verwendest. Da erfolgt dann das Rebalancing innerhalbg des ETFs/Fonds bzw. wird vom Robo Advisor durchgeführt. Ein Beispiel hierfür wäre der Arero-Weltfonds. In diesem Mischfonds wird das ursprünglich definierte Verhältnis zwischen den Assetklassen automatisch vom Fonds in regelmäßigen Abständen wieder hergestellt. Insbesondere die Verwendung eines Robo Advisors kann natürlich erhebliche zusätzliche Kosten bedeuten.
Das oben angeführte Beispiel funktioniert selbstverständlich auch mit anderen ETFs, also z.B. 70% MSCI World und 30% MSCI Emerging Markets oder mit anderen Prozentzahlen. Im Netz finden sich auch einige Excel-Dateien fürs Rebalancing, die man kostenlos herunterladen kann, zum Beispiel hier.
Wann sollte man ein Portfolio Rebalancing durchführen?
Hierzu gibt es verschiedene Ansätze. Man kann entweder einen festen Zeitpunkt festlegen, also zum Beispiel monatlich, viermonatlich oder jährlich. Eine andere Möglichkeit ist, mit einem Schwellentrigger zu arbeiten. Das heißt, Du nimmst ein Rebalancing dann vor, wenn einer der Werte eine Schwelle überschreitet, die Du nicht mehr tolerieren möchtest.
Das heißt, er weicht zum Beispiel mehr als 5% oder 10% von der ursprünglichen Portfolio-Allokation ab. Statt 70% hast Du davon also 75% oder 80% im Portfolio und Du definierst vorher, dass Du eine solche Abweichung nicht tolerieren möchtest.
Der Ansatz ist eigentlich ziemlich egal, denn die Unterschiede sind nicht sehr groß, wie eine aktuelle Vanguard-Studie zeigt. Es kommt nur darauf an, dass man das Portfolio Rebalancing systematisch nach einer bestimmten Methode durchzieht. Dann verbessert sich in der Regel die risikoadjustierte Rendite des Portfolios.
Da es natürlich Aufwand bedeutet und zusätzliche Kosten verursacht, rebalance ich persönlich nicht öfter als einmal pro Jahr und auch nur, wenn die Abweichungen ein für mich ertägliches Maß übersteigen, doch das ist letztlich jedem Anleger selbst überlassen.