Mit der Einführung der MIFID II-Richtlinien im Januar 2018 sollten fairere, sicherere und effizientere Märkte für alle Beteiligten sichergestellt werden. Ebenso sollte es dadurch mehr Transparenz geben. Anfang 2018 lagen die Daten für ein Drittel des Marktes aber noch nicht (oder nicht in der korrekten Form) vor, wie das Handelsblatt mit Verweis auf Torsten Ulrich (Chef der WM Datenservice) schrieb. Es seien vor allem Fondsanbieter gewesen, die hier noch nachliefern müssten.
In diesem Artikel werde ich an Hand zweier Beispiele aufzeigen, dass MIFID II ETF-Anlegern auch noch Monate später Probleme bereitet. Es kann hilfreich sein, selbst aktiv zu werden. Manche der Fondsanbieter sind sich der Problematik anscheinend immer noch nicht hinreichend bewusst.
Überblick
Was ist MIFID II
Wie auf der Seite mit Grundbegriffen erläutert, ist “MIFID” die Abkürzung für “Markets in Financial Instruments Directive”. Das ist der Name einer EU-Richtlichlinie (2004/39/EG) über Märkte für Finanzinstrumente. Diese wurde im Jahr 2014 durch eine neue Fassung ersetzt, die dementsprechend als MIFID II (2014/65/EU) bezeichnet wird. Sie trat am 3. Januar 2018 in Kraft.
In der neuen Fassung wurde der Anwendungsbereich von MIFID deutlich erweitert, was einige Änderungen für den Wertpapierhandel mit sich brachte. Unter anderem ging es dabei auch um mehr Transparenz. Damit geht einher, dass für ETF-Anbieter weitreichende Auflagen zu erfüllen sind. Für viele ausländische Anbieter, für die der europäische Markt bisher vielleicht keine große Priorität hat, bereitete das wohl einige Schwierigkeiten.
Prinzipiell sind die Regulierung und Überwachung von Finanzprodukten für Anleger eine gute Sache. Leider gab es bei MIFID II ein paar unerwünschte Nebeneffekte, die ich für äußerst störend bis sehr ärgerlich halte. So ist es mittlerweile ziemlich schwierig, in Europa ETFs (oder ähnliche Produkte) zu kaufen, die in den US aufgelegt sind. Dazu braucht man nun meist einen ausländischen Broker und muss sich dann imho selbst um die Versteuerung kümmern.
WisdomTree ETFs, niedriges Handelsvolumen und MIFID II
WisdomTree ist ein New York sitzender Vermögesverwalter, der sich auf ETFs spezialisiert hat. In Deutschland sind WisdomTree-ETFs noch nicht sehr verbreitet. Dennoch halte ich WisdomTree für sehr interessant, den sie bieten einige Nischen-ETFs an, die man anderswo aktuell (noch) nicht findet.
Im letzten Artikel über Small Cap Value hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass WisdomTree im Augenblick der einzige Anbieter in Europa ist, der ausschüttende Small Cap Value-ETFs anbietet. Okay. Streng genommen sind es Small Cap Dividend-ETFs.
Dabei hatte ich auch erwähnt, dass die WisdomTree ETFs noch ein recht niedriges Handelsvolumen haben. Dies ist zum Teil aber auch MIFID II geschuldet. Manche ETF-Anbieter schienen bei der Umsetzung noch einige Probleme damit zu haben.
Ende Oktober 2018 war mir aufgefallen, dass die WisdomTree-ETFs bei meinem Broker nicht handelbar waren. Na gut, das gilt bis auf einen Indien-ETF, der dort als Sparplan angeboten wird.
Ein Einzelkauf war nicht möglich und kurz vor der Ausführung erschien immer der Hinweis „Für das ausgewählte Finanzinstrument wurde der Zielmarkt nicht spezifiziert. Der Wertpapierauftrag kann daher leider nicht ausgeführt werden.“
Laut Auskunft des Brokers hing dies wohl an MIFID II, da WisdomTree bisher keine Zielmarktdaten zu ihren ETFs an die zentrale Datenstelle weitergeleitet habe.
Meine Neugier war geweckt. Daraufhin schrieb ich also eine Email an WisdomTree und erkundigte mich, ob man sich des Problems bewusst sei. Die Antwort zeigte, dass dies nicht der Fall war.
WisdomTree meldete sich rasch und teilte mir mit, man habe sich umgehend mit den Zielmarktdaten der eigenen ETFs befasst und ein aktuelles Dokument an die zentrale Datenstelle (WM Daten) in Deutschland verschickt. Die Daten für sämtliche WisdomTree-ETFs sollten ab Morgen allen Brokern zur Verfügung stehen.
Es war also kein Einzelfall, sondern betraf anscheinend die Mehrheit der WisdomTree ETFs. Nun, da hat bei WisdomTree aber jemand ziemlich geschlafen. MIFID II trat am 3. Januar 2018 in Kraft und bis Oktober hat es bei WisdomTree anscheinend niemanden verwundert, dass man in Deutschland kaum noch etwas an Privatkunden verkauft. Das europäische Privatkundengeschäft scheint bei WisdomTree noch keine große Priorität zu haben.
Eigentlich hätte ich erwartet, dass man mich zum WisdomTree-Ehrenmitarbeiter des Monats erklärt, aber egal… Nach meiner Intervention dauerte es jedenfalls ein paar Tage bis die Zielmarkt-Daten eingespielt waren und kurzer ein Test zeigte, dass die WisdomTree-ETFs nun handelbar waren.
Damit dürfte die Auswahl an handelbaren ETFs in Deutschland seit Oktober wieder etwas größer geworden sein.
Fondsvolumen bei ETFs mit mehreren Varianten
Bei der Gelegenheit fragte ich auch nach, wie es sich mit WisdomTree-ETFs verhält, die sowohl in einer ausschüttenden als auch einer thesaurierenden Fassung zu haben sind. Diese werden doch sicher gemeinsam verwaltet.
Handelt es sich da nicht streng genommen um einen ETF mit zwei Anlagevarianten, sodass man die individuellen Fondsvolumen eigentlich aufaddieren kann, zum Beispiel auch beim WisdomTree Eurozone Quality Dividend Growth?
Laut WisdomTree-Support kann ein ETF durchaus mehrere Share-Klassen ausweisen. In der Regel kann man für das ETF-Volumen die entsprechenden Share-Klassen also tatsächlich aufaddieren.
Der WisdomTree Eurozone Quality Dividend Growth-ETF
Der WisdomTree Eurozone Quality Dividend Growth-ETF ist ein äußerst interessanter ETF für die Freunde der Dividendenwachstumsstrategie. Mit 13 Mio. Fondsvolumen in der thesaurierenden Version (DE000A2AHL91, lt. justetf.com) und 4 Mio. Fondssvolumen in der ausschüttenden Version (IE00BZ56SY76, lt. justetf.com) ergeben sich bisher aber nur magere 17 Mio. Fondsvolumen. Das ist immer noch wenig, aber doch bereits deutlich besser als zum Beispiel die 4 Mio. alleine betrachtet.
Dasselbe gilt dann vermutlich auch bei ähnlichen Konstrukten anderer Emittenten. Den Ishares EM IMI gibt es ja zum Beispiel auch in einer thesaurierenden und einer ausschüttenden Variante. Ist man an der kleineren, ausschüttenden Variante interessiert, muss da dann wohl nicht warten, bis sie eine bestimmte Größe erreicht hat. Bei Interesse sollte man das aber jeweils im Einzelfall klären.
Auf der Webseite von WisdomTree wird beim jeweiligen ETF immer bereits das Gesamthandelsvolumen angezeigt. Das heißt, das Handelsvolumen der Teil-ETFs ist dort bereits aufaddiert. So wird dem WisdomTree Eurozone Quality Dividend Growth auf der WisdomTree-Webseite aktuell ein Fondsvolumen von 16 Mio €. ausgewiesen.
Laut Auskunft, möchte sie WisdomTree auch daraum bemühen, dass man die ausschüttende Variante des Eurozone Quality Dividend Growth zukünftig besser bekommen kann. Im Oktober wurde dieser ETF wohl nur an der London Stock Exchange gehandelt und man wollte sich jetzt um ein XETRA-Listing bemühen. Zum aktuellen Zeitpunkt ist das aber noch nicht erfolgt.
Der neue MSCI World Multi-Factor-ETF von UBS
Ein als Basisinvest geeigneter, breiter Multifaktor-ETF?
In der aktuellen Ausgabe von Souverän investieren empfiehlt Gerd Kommer unter anderem ein einfaches Portfolio mit integriertem Multi-Factor-Ansatz. Bei diesem rät er, für den Aktienanteil der Industrieländer einen Multifaktor-ETF zu nehmen.
Risiko-Allokation | Anlageklasse | Prozentsatz |
risikoreich | Aktien-ETF Industrieländer | 52,5% |
risikoreich | Aktien-ETF Schwellenländer | 17,5 |
risikoarm | ETF auf kurzlaufende Staatsanleihen (1-3 Jahre) mit höchstem Rating | 30% |
Von den bisher auf dem Markt erhältlichen ETFs finde ich hier vor allem den UBS ETF MSCI Select Factor Mix UCITS ETF interessant. Der Multifaktor-ETF setzt auf die 6 Faktoren Momentum, Value, Qualität, Eigenkapitalrendite, Volatilität und Größe.
Im Gegensatz zu den bisher auf dem deutschen Markt gängigen Multifaktor-ETFs folgt er nicht dem Soup- sondern dem Lego-Prinzip. Das macht ihn für mich auch als Basis-Invest interessant. Beim Soup-Ansatz gelangen nur Werte in den Index , die gleichzeitig die Kriterien mehrere Faktoren erfüllen. Dadurch sind die Anzahl der Werte im Index begrenzt.
Beim Lego-Ansatz werden die unterschiedlichen Faktoren getrennt betrachtet, gleichgewichtet und regelmäßig ein Rebalancing ausgeführt. Diese Vorgehensweise entspricht am ehesten der Art und Weise der eines Anlegers, der ein Portfolio mit ETFs auf die einzelnen Faktoren unterhält und ist für mich daher gut nachvollziehbar.
In diesem UBS Research Paper für professionelle Anleger werden die Unterschiede zwischen dem Soup- und dem Lego-Ansatz sehr schön veranschaulicht.
Im Gegensatz zu einem Portfolio bestehend aus mehreren ETFs auf einzelne Faktoren kommt es beim Einsatz eines Multifaktor-ETFs nicht zu unnötigen Käufen und Verkäufen. Diese sind im Portfolio notwendig, wenn ein Wert aus einer Kategorie in die nächste wechselt. Entwickelt sich eine Aktie zum Beispiel vom Valuewert zum Wachstsumswert, kann er beim Multifaktor-ETF einfach fondsintern von einer Kategorie in die andere wechseln ohne das Kaufs- oder Verkaufskosten anfallen.
Mit gut 4700 darin enthaltenen Einzelwerten, die sich über small, mid und large caps verteilen ist der ETF sehr breit aufgestellt. Einzig das niedrige Fondsvolumen von aktuell 12 Millionen USD ist leider noch recht gering.
Und wieder Probleme mit MIFID II
Angesichts der Tatsache, dass auch dieser ETF bis vor Kurzem für Privatanleger nicht handelbar war, ist das aber nicht weiter verwunderlich. Auch hier fiel mir auf, dass man ihn bei der DKB weder mittels Sparplan noch als Einzelkauf erstehen konnte. Laut meiner kurzen Recherche war dies auch bei den meisten anderen deutschen Online-Brokern der Fall.
Wieder erschien hier kurz vor dem Kauf die Meldung: „Für das ausgewählte Finanzinstrument wurde der Zielmarkt nicht spezifiziert. Der Wertpapierauftrag kann daher leider nicht ausgeführt werden“.
Nach meinen Erlebnissen mit den WisdomTree-ETFs vermutete ich, dass auch hier ein Problem mit der Meldung beim WM Datenservice vorlag. Auch der UBS Support war äußerst freundlich und hat sich sofort gekümmert.
In diesem Fall lag wohl eine fehlerhafte Meldung an den WM Datenservice, die behoben wurde. Ein kurzer Test zeigte, dass der ETF jetzt bei der DKB handelbar sein sollte. Vermutlich dürfte es da dann auch bald bei dem einen oder anderen Broker Sparpläne dafür geben.
Mein persönliches Fazit: Ist ETF beim Broker nicht handelbar, kann es helfen, den Emittenten anzuschreiben. Einzelne ETF-Anbieter haben immer noch Probleme mit MIFID II.