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Vermögensaufbau, private Rentenversicherung & Vertrauen – F&A #2

Geldanlage und Vertrauen ist ein heikles Thema. Wenn sich dann auch noch Versicherungen dazu gesellen, wird es schnell brenzlig. Okay, general habe ich gar nichts gegen Versicherungen. Da gibt es sinnvolle Produkte, wie eine Kranken-, Haftpflicht-, Rechtsschutz- oder Berufsunfähigkeitsversicherung. Ich habe auch ein paar Versicherungen und bin damit zufrieden. Beim Vermögensaufbau und der privaten Rentenversicherung bin ich jedoch schwer von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen.

Der Grund für den heutigen Artikel ist ein Chat mit einer Freundin zum Thema private Rentenversicherung. Es fing alles ganz harmlos an. Sie hatte einen meiner Artikel über ETFs gesehen und mir geschrieben: „Hey, ich wollte gerade so etwas abschließen.“

Soweit, so gut. Es freut mich immer zu hören, wenn es in meinem doch sehr alternativen Freundeskreis andere Leute gibt, die sich ebenfalls um ihre Altersvorsorge kümmern. Natürlich hatte mich die Neugierde gepackt und ich wollte jetzt genau wissen, worum es sich handelte.

Im Verlauf der Konversation wurde das Bild allmählich klarer. Meine Freundin war gerade dabei eine private fondsgebundene Rentenversicherung abzuschließen. Mit privaten Rentenversicherungen kenne ich mich nicht wirklich gut aus, habe da aber so meine Vorbehalte. Dementsprechend gingen die Alarmglocken an. Der Forschertrieb war geweckt.

Die Frage kam also auf: „Was hältst Du von dem Vertrag?“ Nett wie sie ist, schickte sie mir den Vertrag zu, gab mir ein paar Infos zum Hintergrund sowie die Erlaubnis hier im Blog darüber zu schreiben.

Tja, was halte ich von dem Vertrag? Schauen wir uns das Ganze mal in aller Ruhe an. Die Situation stellte sich wie folgt dar.

Das Setting

Studentin (30 Jahre), hatte auf Empfehlung einer Bekannten ein kostenloses Beratungsgespräch mit einem Anlageberater einer bekannten deutschen Vermögensberatungsgesellschaft. Die Firma ist bekannt dafür, Finanzprodukte im Struktuvertrieb zu vertreiben. Ihr Wunsch war es, 100,-€ monatlich bis zur Rente zu investieren. Die Anlage sollte 100% sicher sein. Sie möchte den Betrag jederzeit reduzieren oder erhöhen können. Ebenso möchte Sie am Ende die Wahl haben, ob sie das Geld als Ganzes oder per Lebensrente ausbezahlt bekommt. Soweit so gut.

Geldanlage und Vertrauen in Berater

Bevor ich auf das unterbreitete Angebot eingehe, erst ein paar allgemeine Bemerkungen. Bei der Geldanlage sind die meisten von uns auf Rat angewiesen und da ist Vertrauen natürlich eine wichtige Sache. Nur, wem soll man vertrauen?

In Kapitel 3 von Financial Fitness Forever* spricht Paul Merriman von drei Wahlmöglichkeiten. Wir müssen uns entscheiden, in wen wir unser Vertrauen setzen. Er nennt diese drei Wall Street (=Finanzindustrie), Main Street (=Umfeld) und University Street (=Wissenschaftler). Entscheidend ist für ihn, die Motivation der verschiedenen Akteure zu verstehen.

  1. Die diversen Vertreter der Finanzindustrie sind z.B. Bankberater, Anlageberater, Versicherungsvertreter, etc.
  2. Dann gibt es da noch unser Umfeld, das heißt, unsere Verwandten, Freunde, Bekannten und Kollegen.
  3. Eine weitere Möglichkeit ist hingegen auf das zu vertrauen, was unabhängige Experten bzw. Wissenschaftler zu dem Thema anraten.


1. In der Finanzindustrie gibt es jede Menge Menschen, die auf unser Vermögen als Einnahmequelle angewiesen sind. So nett und eloquent sie uns die Angebote auch unterbreiten, gibt es hier doch häufig jede Menge an versteckten Kosten. Diese zehren unsere Rendite auf. Hier besteht ein klarer Interessenskonflikt. Unser Interesse steht im Widerspruch zum Interesse der Finanzindustrie, einen Gewinn zu erzielen.

Berater erhalten oft attraktive Provisionen, wenn sie bestimmte Finanzprodukte verkaufen. Im Fall von privaten Rentenversicherungen, die für Anleger oft mit hohen Kosten verbunden sind, handelt es sich da leicht einmal um vierstellige Beträge. Besonders hoch sind diese bei Rentenversicherungen. Die Frage, ob ein Berater uns ein kostspieliges Produkt mit hohen Provisionen oder ein für uns günstiges mit niedrigen oder gar keinen Provisionen vorschlägt, ist ein klarer Interessenskonflikt.

Oft sind Berater auch an bestimmte Produkte gebunden oder erhalten von ihren Chefs Umsatzvorgaben. Manchmal locken auch attraktive Prämien wie Reisen, die Berater nur erhalten, wenn sie bestimmte Produkte erfolgreich vertreiben. In dieser Kette ist der Kunde das schwächste Glied. Es ist nicht schwer zu erraten, wie die Sache ausgeht, wenn ein Berater sich zwischen deinen Interessen und seinen Provisionen entscheiden muss.

2. Unser persönliches Umfeld folgt ihren eigenen Beweggründen, die nicht so klar zu erkennen sind. Sie meinen es mehrheitlich sicher gut. Sie möchten von uns gemocht und respektiert werden. Vielleicht erhalten wir hier gute Ratschläge, vielleicht nicht. Wir haben keine Möglichkeit, die Qualität der Tipps zu überprüfen. Vermutlich wissen unsere Bekannten selbst nicht genau, wie sich ihre Geldanlage entwickelt hat. In der Regel erfahren wir nur, was alles gut lief. Die Mißerfolge werden hingegen nicht mit uns geteilt. Die meisten Menschen verdrängen so etwas auch.

3. Die Interessen von Wissenschaftlern sind dagegen ganz anders gestrickt. Sie interessieren sich nicht für uns. Ihnen geht es in erster Linie um Wissenserkenntnisse und Ansehen innerhalb der Research Community. Ihre Arbeiten werden in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert und unterliegen einer strengen Qualitätskontrolle. Sie müssen ein Peer Review-Verfahren durchlaufen. Da trennt sich die Spreu vom Weizen. Daher können sie es sich nicht erlauben, Fehler zu machen. Hier erhalten wir eingermaßen verlässliche und ungeschönte Informationen darüber, was beim Anlegen funktioniert und was nicht. Diese Informationen sollten wir für uns nutzen.

Nach diesem Exkurs wieder zurück zur Sache.

Das Angebot – Empfehlung zur Altersvorsorge

Konkretes Angebot: eine Fondsgebundene Private Rentenversicherung

Empfohlen wurde meiner Freundin eine private Rentenversicherung. Die Beträge werden in der Ansparphase dabei in den DWS Funds Invest ZukunftsStrategie (LU0313399957) investiert. Wer mich kennt, weiß, dass ich weder etwas von aktiv gemanagten Fonds noch von Rentenversicherungen halte, aber ich kenne beide Produkt ja noch nicht. Wer weiß, vielleicht ist das ja doch ganz gut? Wir werden sehen.

Prinzipiell halte ich bei der Altersvorsorge einfach wenig von Versicherungen. Für mich steht hier die Absicherung gegen Risiko nicht im Vordergrund. Es geht da doch viel mehr um einen Vermögensaufbau. Gelingt dies, dann ist das Risiko Altersarmut gebändigt.

Eine fondsgebundene Rentenversicherung besteht aus zwei Teilen: Ansparphase bzw. Vermögensaufbau und anschließende Entsparphase bzw. Rentenbezug. In der ersten Phase ist der Versicherungsmantel doch eher hinderlich. Er kostet – und das unter Umständen nicht zu knapp – wie wir gleich noch sehen werden.

Sinnvoller scheint es mir, zuerst auf andere Weise die Vermögensbildung zu betreiben. Sobald die Rente dann bezogen werden soll, kann man immer noch überlegen, ob man sich den angesparten Betrag mittels einer Sofortrente auszahlen lässt. Daher kann ein teurer Versicherungsmantel , so wie hier, in der Ansparphase nicht die erste Wahl sein.

Ein paar Details

  • monatliche Rate: 100,- (Vereinbarter Dynamiksatz: 6% )
  • Vertragslaufzeit: 36 Jahre und 7 Monate
  • Wahlmöglichkeit zwischen Kapitalabfindung oder garantiert lebenslanger Rentenleistung
  • Beruf: Studentin
  • Es besteht eine Garantie, zum Ablauf mindestens 43.900,- zu erhalten (439 Monate x 100,- = 43.900,-)
  • Garantierte monatliche Rente: 114,86 + 22,24 je zusätzliche 10.000,- die der Fonds erwirtschaftet hat
  • Beispielrechnungen zeigen, erwirtschaftet der Fonds durchschnittlich 1%, steigt die Summe/mtl. Rente auf 67.690,-/225,-, bei 4% sind es 93.967/312,-, bei 6% 139.00/462,- und bei 8% wären es 213.665,-/711,-.

Kurzer Monolog: Na, das klingt doch gut, oder? – Nein, nur oberflächlich.

Der Teufel liegt im Detail

Dynamikplan? Was für ein Dynamikplan?

Der Vertrag vermerkt, dass die Werte in den oben genannten Beispielrechnungen vorbehaltlich des Falls aufzufassen sind, dass der Anleger die Dynamikerhöhungen vom 4. bis zum 34. Jahr immer jedes 3. Jahr angenommen hat.

Genau erklärt, wie man der Dynamikerhöhung widerspricht wird im Vertrag leider nirgends. Im Internet erzählt eine Anlegerin, man könnte es telefonisch tun, aber der Briefweg ist vermutlich sicherer. Anscheinend nimmt ein Anleger die Dynamikerhöhung automatisch an, wenn er dieser nicht alle drei Jahre fristgerecht widerspricht. Genau erklärt wird das im Vertrag für mein Empfinden nicht.

So eine Dynamikerhöhung ist schon eine tolle Sache, also für den Berater, der die Versicherung verkauft. Wieso? Nun, die Dynamikerhöhung berechtigt scheinbar zu Folgeprovisionen. Damit wird ein solcher Abschluss sehr, sehr lukrativ. Nicht für den Anleger, denn es fallen dann jedes Mal anteilig Abschlusskosten für die erhöhten Beiträge an.

So erklärt sich dann auch, dass die Dynamikerhöhung sich nicht mit der erwarteten Inflation von 2-3% zufrieden gibt, sondern gleich einmal mit stattlichen 6% loslegt. Wieso eigentlich nur 6%? Tatsächlich fand ich im Internet ein Erfahrungsbericht, bei dem ein Anleger einen vergleichbaren Plan mit einer 10%-igen Dynamikerhöhung abgeschlossen hatte.

Hey, aber irgendwie muss man ja eine ordentliche prozentuale Steigerung hinbekommen. Wenn der Fonds es nicht hergibt, dann sorgt man halt selbst für das Wachstum. Es sind ja auch gerade einmal 6 Euro mehr nach dem ersten Jahr. So wild sind die 6% jährlich mehr doch sicher nicht? Denkste. Zinseszins at its best.

Was bedeutet die jährliche Dynamikerhöhung wirklich für die Kunden? Hier eine Übersicht:

Jahr05101520253035
mtl. Beitrag100133,82179,08239,66320,71429,19574,35768,61




Schon krass. Wenn man da nicht aufpasst und alle 3 Jahre der Erhöhung widerspricht, dann bekommt die Dynamik ein ungeahntes Eigenleben. Und ich Dussel dachte immer, man sollte am Anfang so viel wie möglich investieren, damit das Geld für einen arbeiten kann. Die Profis machen es anscheinend doch andersrum.

Das Vermögensverwaltungsunternehmen, dass dieses Angebot vertreibt, ist ein pyramidenförmig aufgebauter Strukturvertrieb. Davon gibt es viele. Über jedem Berater sitzen weitere Mitarbeiter, die an den Provisionen ihrer Untergebenen mitverdienen. Das Spice muss fließen. So ein Dynamikplan garantiert das, denn im Idealfall generiert er auf Jahrzehnte immer weitere Provisionen. Das ist natürlich eine feine Sache.

Kosten der Lebensversicherung

Abschlusskosten

Das Sahnehäubchen von Versicherungsverträgen sind oft die Abschlusskosten. Da Vorfreude bekanntlich die schönste Freude ist, sind diese in Verträgen sehr gut versteckt, sodass man erst einmal eine Weile nach ihnen suchen darf.

Das war hier allerdings nicht notwendig. Auf Seite 1 wurde ich gleich fündig. Abschlusskosten: 1097,50€. Nach kurzer Rückfrage stellte ich fest, dass der Berater wohl vergessen hatte, dies gegenüber meiner Bekannten zu erwähnen, die doch recht erstaunt war. Kann ja mal vorkommen.

Nun, hätte sie den Vertrag unterschrieben, wären ihr die Abschlusskosten wohl auch nicht weiter aufgefallen. Man war hier nämlich sehr kreativ. Diese werden über die ersten 10 Jahre in gleich hohen Teilbeträgen mit dem „sich aufbauenden Guthaben verrechnet“. Weiter heißt es freundlich „Die Abschlusskosten stellen wir Ihnen nicht gesondert in Rechnung.“

Der letzte Satz klingt richtig freundlich, doch was heißt das eigentlich im Klartext. Ich formuliere ihn einmal salopp um, so wie ich ihn verstehe: „Wir sind uns bewusst das derartige Abschlusskosten eine Frechheit sind. Daher müssen wir sie da nicht extra mit der Nase darauf stoßen. Daher bekommen sie von uns auch keine Rechnung darüber. Es wäre ja noch schöner, wenn wir es ihnen so leicht machen würden, das herauszufinden.

Verwaltungskosten

Aber damit hat es sich natürlich noch nicht mit den Kosten. Weit gefehlt. Es gibt noch zusätzlich (!) pauschale monatliche Verwaltungskosten in Höhe von 12,40,- €. Uff, das ist dann in der Wirkung vergleichbar mit einem 12,4%.igen Ausgabeaufschlag (ohne Dynamisierung). Aber die Versicherung muss ja auch von etwas leben. Das war es jetzt doch aber sicher schon, oder?

Natürlich nicht. Zusätzlich gibt es dann noch einmal 0,50,- Cent weitere Verwaltungskosten pro 100€ des Vertragsguthabens. Das sind dann also noch einmal 0,5% pro Jahr zusätzlich auf alles was man bisher gespart hat. Zum Vergleich: dieser einzelne Teilposten der Verwaltungskosten alleine ist bereits höher als die Gesamtkosten der meisten ETFs.

Na ja, das ist nicht gerade wenig an Kosten. Wenn ich erst einmal die Ansparphase hinter mir habe und die Privatrente beziehe, dann habe ich die Kosten doch wenigstens hinter mir?

What? Wieder nix. Wenn man sich das Kapital nicht auf einmal auszahlen lässt, dann fallen auch bei Rentenbezug noch einmal 1,00 € je 100€ jährlich an. Das entspricht also wieder 1% pro Jahr auf die Gesamtsumme.

Ich muss schon sagen, ein sehr lukrativer Vertrag – also für den Vertreter und die Versicherung. Da überlege ich mir auch fast, in dieses Gewerbe zu wechseln. Halten wir fest: im ersten Jahr schafft man es so noch nicht einmal, die Abschlussgebühren abzubezahlen. Das ist ziemlich mies.

Der Fonds

Zum Glück gibt es ja aber noch den Fonds, mit dem dieser Vertrag verknüpft ist. Wenn der jetzt wenigstens günstig ist und Rendite verspricht, dann kann das ja noch etwas werden mit der Altersvorsorge.

Zum Einsatz kommt der DWS Funds Invest ZukunftsStrategie. Laut Webseite, verfolgt der Fonds eine dynamische Wertsicherungsstrategie, „bei der laufend marktabhängig zwischen der Wertsteigerungskomponente (z.B. Aktienfonds, Rohstoffanlagen) und der Kapitalerhaltkomponente (z.B. ausgewählte Renten- und Geldmarktanlagen) umgeschichtet wird. In länger anhaltend fallenden und sehr schwankungsintensiven Marktphasen kann der Fonds bis zu 100% in Renten-/Geldmarktfonds bzw. Direktanlagen in Renten-/Geldmarktpapieren investieren.“

Wir haben es also mit einem aktiv gemanagten Mischfonds zu tun, der ständig zwischen sicheren und risikoreicheren Anlagen umschichtet. Das ist natürlich aufwendig und kostenintensiv. Zudem ist bekannt, das Market Timing zu Lasten der Rendite geht. Schaut man sich die Performance an, dann ist diese auch mittelprächtig. Die letzten 4 Jahr hat der Fonds jährlich knapp 4% erwirtschaftet. Der Arero-Weltfonds – definitiv ein guter Fonds, aber auch nicht gerade verschrien als Renditeturbo – kommt im gleichen Zeitraum auf 6,3%.

Es ist ein gut untersuchtes Phänomen. Aktiv gemanagte Fonds sind teurer als ETFs oder Indexfonds und holen diese Kosten in den seltensten Fällen wieder herein. Falls doch, dann gelingt dies nicht vorhersagbar und in der Regel auch nicht dauerhaft. Während der Arero-Indexfonds mit Verwaltungskosten von 0,5% pro Jahr auskommt, fallen beim DWS ganze 1,94% (!) pro Jahr an.

Warum werden solche teuren, aktiv gemanagten Fonds trotzdem eingesetzt, wenn doch bekannt ist, dass sie die Verwandtschaft der Indexkuschler bei der Rendite nicht schlagen? Nun, es läuft wieder auf den gleichen Punkt hinaus. Das Interesse der Kunden ist hier wohl wieder nur zweitrangig. Hauptsache den Berater freut’s, denn es fallen natürlich auch hier Provisionen an, die es bei den günstigen Indexfonds nicht gibt. Diese Provisionen werden meist nicht angegeben und heißen Kickbacks. Sie liegen häufig im Bereich von 0,5-1%.

Angenommene Jährliche Wertentwicklung

Im Gesamtüberblick dürfte das Ergebnis für den Anleger wenig erfreulich ausfallen. Der Vertrag hat sehr hohe Kosten und der hochpreisige Fonds mit mittelmäßiger Performance reißt das auch nicht heraus.

Für die im Vertrag angenommene jährliche Wertentwicklung finden sich dort verschiedene Beispiele. Sollte der Fonds 1% erwirtschaften, ergibt sich zuzüglich des Zins-Überschussanteils aus der Lebensversicherung (derzeit 2,3%), jedoch abzüglich der Effektivkosten, eine Wertentwicklung von 0,5% pro Jahr über die gesamte Laufzeit. Nun gut, der Fonds hat bereits bewiesen, dass er mehr als das schafft. Sind wir also mal optimistisch und vergessen diese Option ganz schnell wieder.

Bei einer Wertentwicklung des Fonds von 4% bleiben da immerhin noch 2,45% an Wertentwicklung nach Kosten im Rahmen des Vertrags übrig. Bei 6% sind es 4,49% und bei 8% dann 6,55%. Währen der letzten 5 Jahre hat der Fonds durchschnittlich ca. 4% erwirtschaftet. Irgend etwas zwischen 2,5 und 3,5% scheint realistisch zu sein.

Wenn dem so wäre, dann hätte man damit eine Wertentwicklung nach Kosten, die um bzw. leicht über einem Inflationsausgleich rangiert. Das kann nun wirklich nicht der Anspruch beim Vermögensaufbau sein. Vielleicht hat man Glück und die Wertentwicklung liegt doch um die 4% nach Kosten, aber selbst das wäre nicht wirklich befriedigend. Die 6,55% halte ich bei der Anlagestrategie für eher unwahrscheinlich.

Inflation

Das Stichwort Inflation fiel bereits. Es sollte dann auch nicht unerwähnt bleiben, dass ab dem Zeitpunkt des Rentenbezugs, die Inflation nicht plötzlich aussetzen wird. Das heißt, anders als die gesetzliche Rente, gibt es bei der privaten Rentenversicherung keinen Inflationsausgleich durch Rentenerhöhungen. Das sollte man auch bedenken.

Was würde ich tun?

Ehrlich. Dieses Angebot ist sicher. Damit hat es sich aber auch schon. So wie ich es sehe, erlauben die Kosten einfach nicht, dass da ein vernünftiger Vermögensaufbau stattfindet.

So ein Vertrag ist eine echte Cashcow für den Berater, die Fondsgesellschaft und die Versicherung. Da muss der Fonds schon um die 6% pro Jahr erwirtschaften, damit man deutlich oberhalb eines Inflationsausgleiches rangiert.

Ganz ehrlich, es gibt doch mittlerweile ganz simple Möglichkeiten, den Vermögensaufbau selbst in die Hand zu nehmen. Nahezu ohne Kosten. Klar, es gibt da keine garantierte Verrentung. Die ist es ja aber gerade, die dich Geld kostet und dafür sorgt, dass Du garantiert wenig bekommst.

Du bist bei so einem Vertrag ohnehin von einer guten Entwicklung an den Aktienmärkten abhängig. Läuft der Fonds nicht, dann liegt Deine Rendite unterhalb der Inflation und Dein Vermögen nimmt inflationsbereinigt ab.

Würde ich vor dieser Wahl stehen, würde ich ein kostenloses Depot bei einem Online-Broker eröffnen, der ETF-Sparpläne anbietet. In Wahrheit praktiziere ich das bereits so. Natürlich kann es an der Börse auch mal krass hoch und wieder krass runter gehen. Da aber noch 37 Jahre bis zur Renten vor Dir liegen, spricht überhaupt nichts gegen einen breit diversifizierten Aktien-ETF, zum Beispiel auf den FTSE All-World-Index oder den MSCI ACWI (IMI).

Willst Du es unbedingt etwas sicherer, dann kannst Du auch einen Multi-Asset-ETF nehmen. Neben einem Aktienanteil enthält der dann auch Anleihen und Rohstoffe. Da Rendite von Risiko kommt, ist damit die Wertentwicklung voraussichtlich geringer. Dafür sind die Ausschläge nach oben und unten geringer.

Bei den ETFs der Comstage Vermögensstrategie hast Du mehrere zur Auswahl und kannst Dich entscheiden, ob Du es lieber defensiv, ausgeglichen oder offensiv haben möchtest. Besser finde ich den oben erwähnten Arero-Weltfonds, der kein ETF ist, sondern ein normaler Indexfonds. Er ist aber genauso günstig wie ein ETF.

Wie gesagt, ich würde eher zu einem Aktien-ETF greifen, denn der Anlagehorizont ist größer als 35 Jahre. Bei so einem langen Zeitraum, sollte man zumindest am Anfang auf Aktien setzen, um die Entwicklung der Aktienmärkte voll auszunutzen. Sicherere Anleihen-Werte kannst Du auch noch im Jahrzehnt vor der Rente beimischen.

Du hast hier vertraglich die volle Freiheit und bist Dein eigener Herr, die eigene Herrin. Wenn Du möchtest, kannst Du Deine Sparrate beliebig erhöhen, verringern oder auch mal aussetzen. Du kannst sie auch dynamisieren, ganz egal ob 2, 6 oder 10%. All das hast Du zu jeder Zeit selbst in der Hand.

Ein weiterer Vorteil: ein ETF schüttet viermal jährlich ca. 2% an Dividende aus. Da Dividenden über die Zeit wachsen, kannst Du davon ausgehen, dass Du zum Rentenzeitpunkt, auf deine Kaufkosten berechnet, eine viel höhere prozentuale Ausschüttung hast. Diese erhöht sich dann auch nach dem Renteneintritt weiter.

Hast Du früher das Geld zusammen, dass Du für den Ruhestand brauchst, kannst Du gleich in Rente gehen. Du musst nicht bis zu einem Stichtag warten. Du kannst Dich frühzeitig auf die Bahamas oder nach Indien absetzen, ganz wie es Dir beliebt. Das Stichwort lautet: finanzielle Freiheit oder besser Eigenständigkeit.

Alternativ kannst Du die Summe angesparte Summe zu Rentenbeginn komplett entnehmen und bei einer Rentenversicherung in eine Sofortrente umwandeln lassen. Du kannst aber auch einen Entnahmeplan starten, mit dem Du Dir jährlich oder monatlich einen bestimmten Betrag auszahlen lässt. Da ist dann alles wie bei dem Vertrag oben, nur dass die angesparte Summe deutlich höher sein dürfte.

Die scheinbare Sicherheit einer Rentenversicherung ist schön. Sie ist aber vor allem schön teuer.

Fazit

Viele Berater heißen zwar Berater, sie sind aber in Wirklichkeit Verkäufer. Sie arbeiten nicht in Deinem Interesse, sondern im Interesse ihres Unternehmens bzw. ihrer Provision. Eine kostenlose Beratung, die wirklich unabhängig ist, gibt es nicht. Du zahlst so oder so. Als Richtlinie würde ich vermuten, dass die „kostenlosen“ Beratungen Dich am teuersten kommen.

Es gibt sicher auch bessere Angebote an privaten Rentenversicherungen. Dabei würde ich auf jeden Fall darauf achten, dass die Geldanlage nicht über einen teuren, aktiv gemanagten Investmentfonds läuft, sondern über ETFs bzw. günstige Indexfonds. Im Rahmen von Riester oder Rürup lohnt gewiss ein Blick auf das Angebot von fairr.de.

Wie oben gesagt, mein Weg wäre das nicht. Der wesentliche Teil der privaten Altersvorsorge ist der Vermögensaufbau und das geht günstiger ohne Versicherung. Am besten, Du managst Deine Finanzen dabei selbst. Solltest Du dennoch einen Berater wünschen, dann nimm einen Honorarberater, den Du bezahlst. Damit bist Du dann – im Idealfall – sein Auftraggeber und er arbeitet für Dich. Achtsam sein musst Du trotzdem. Niemals sollte man einen Vertrag gleich unterschreiben, sondern ihn auf jeden Fall erst einmal in Ruhe lesen und prüfen. Vertrauen ist gut, doch Kontrolle spart Kosten.

Disclaimer: Fairerweise muss ich sagen, dass ich mich mit dem Thema nicht wirklich gut auskenne. Für den Artikel musste ich mich erst einmal ins Thema einlesen. Fehler sind daher durchaus möglich und ich freue mich, wenn Dir etwas auffälls.

Auf Deine Kommentare und Anregungen freue ich mich bereits! Hinterlasse doch gerne eine kurze Nachricht und sag mir, was Du von dem Artikel hältst. Neben Lob und freundlichen Worten sind kritische Anmerkungen ebenfalls willkommen. Sie helfen mir dabei, den Artikel zu verbessern.

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