Ein Ein-ETF-Einstiegsportfolio? Das soll langen?
Warum nicht.
In diesem Artikel stelle ich Dir vor, wie Du mit einem Ein-ETF-Einstiegsportfolio und trotzdem gut diversifiziert anfangen kannst.
Dabei ist es egal, ob Du als Anleger eher ein/e Draufgänger/in bist oder ängstlich.
Hast Du Dich einmal dafür entschieden, die Geldanlage als Do-It-Yourself-Anleger selbst in die Hand zu nehmen, musst Du auch alle Anlage-Entscheidungen selbst treffen.
Gerade am Anfang ist es gut, die Geldanlage nicht zu verkomplizieren, aber viele mögen es auch langfristig einfach.
Ein Ein-ETF-Einstiegsportfolio ist da eine gute Sache: es ist sehr pflegeleicht.
Generelle Ratschläge sind aber nicht so einfach, denn die Menschen und ihre Bedürfnisse sind einfach sehr verschieden.
Du kannst hier sehr schön beobachten, wie unterschiedlich Anleger doch sind.
Unterschiedliche Anlegertypen
Überblick
Draufgänger/in – Und los geht’s
Da gibt es einerseits die Draufgänger, die gleich draufloslegen. Ich selbst gehöre wohl zu dieser Kategorie.
Das einzige was mich am Anfang davon abhielt, sofort zu investieren, war das Postident-Verfahren bei der Depoteröffnung.
Kaum war das Depot eröffnet, ging es los.
Dabei wechselte ich im ersten Monat gleich mehrmals die Strategie. Ein echter Draufgänger eben.
Als Folge habe ich, neben dem Portfolio, das ich regelmäßig bespare, noch einen kleinen Zoo an weiteren ETFs und Einzelaktien.
Vorsichtig ausgedrückt: nicht von allem bin ich jetzt noch soooo überzeugt.
Die Phase war zum Glück aber schnell vorbei. Ein/e Draufgänger/-in ist nun in ruhigeren Fahrwassern unterwegs.
Der Raketenwissenschaftler – Geldanlage als Lebensaufgabe
Ein anderer Anlegertyp verhält sich wie ein übervorsichtiger Raketenwissenschaftler.
Bevor dieser die erste Börsenrakete starten lässt, wird ausgiebig recherchiert, denn der erste Schuss muss sitzen.
Gut Ding braucht Weile – und da können auch erst einmal ein paar Monate, bei vielen sogar Jahre, ins Land gehen, bis er sich traut.
Hier wird Geldanlage als Lebensaufgabe praktiziert.
Er fragt sich daher: „Was mag nur die richtige Strategie für die Ewigkeit sein?“
Was der Raketenwissenschaftler auch übersieht: Recherchezeit ist Lebenszeit und geht vom Humankapital ab.
…irgendwann solltest Du schon auch Mal mit der Geldanlage beginnen.
Der Ängstliche – Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt?
Dieser Anleger hadert permanent mit sich:
„Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt? Vielleicht fallen die Märkte ja noch weiter.“
„Ist das jetzt der richtige Zeitpunkt? Der Markt ist ja schon so hoch.“
… auch hier vergeht die Zeit und wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Das Dilemma
Hand aufs Herz? Wer erkennt sich in einem dieser Typen nicht wieder? Sicher. Alle drei Vorgehensweise haben ihre Nachteile.
Beim Draufgänger finden sich „Geldanlagejugendsünden„ in Form mahnender Depotleichen im Portfolio.
Bevor man weiß, was ein ETF überhaupt ist, hat man schon ein paar gekauft.
Bei mir ist da zum Beispiel ein Automation & Robotics-ETF, den ich heute nicht mehr kaufen würde, da ich prinzipiell keine Branchenwetten mehr eingehe.
Tatsächlich ist das aber gar nicht so schlimm. Ja, da ist ein bisschen Durcheinander im Depot.
Ein paar ETFs würde ich ganz gerne wieder loswerden. Muss ich aber nicht.
Ich habe mich daher dazu entschieden, sie vorerst in meinem Depot zu belassen.
Vielleicht veräußere ich sie irgendwann einmal, um sie fürs Rebalancing zu verwenden oder sie bleiben halt im Depot. Alles halb so wild.
Die übervorsichtigen Raketenforscher warten dagegen sehr lange ab, bevor sie zu investieren beginnen.
Ihr Portfolio ist deshalb sehr übersichtlich, aber zu welchem Preis?
Ebenso ist es bei den Ängstlichen. Auch sie fangen spät, wenn überhaupt, an.
Aktienkurse können natürlich fallen, aber in der überwiegenden Zeit steigen sie.
Eine Investition in Aktien setzt Langfristigkeit voraus. Ein Anlagezeitraum von über 15 Jahren ist ratsam.
Warum? Nun, bei dieser Zeitspanne gab es bei einer Anlage in ein breit diversifiziertes Weltportfolio in der Vergangenheit selbst im ungünstigsten Fall quasi nie Verluste.
10 Jahre sollten es fürs Ein-ETF-Einstiegsportfolio mindestens sein.
Bei den Ängstlichen besteht außerdem die Gefahr, dass sie während einem Crash in Panik geraten und verkaufen.
Als langfristiger Investor braucht man sich eigentlich keine Sorgen machen, wenn die Aktien kurzfristig fallen.
Wie André Kostolany treffend sagte:
„Wer die Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen.“
Worauf man aber achten sollte, ist die Risikotoleranz.
Zwei Jahre an der Seitenlinie zu warten, kann an der Börse jedenfalls fatal sein.
Es gibt viele, die seit Jahren auf den richtigen Zeitpunkt warten und zuschauen, wie die Kurse steigen und steigen.
Wenn Du mittels Sparplan investierst, macht es ohnehin keinen Sinn.
Du profitiert dabei ja von sinkenden Kursen, da Du dann mehr Anteile für Dein Geld erhält.
Das glaubst Du nicht? Dann schau Dir mal das an.
Wie gehst Du vor?
Natürlich ist es sinnvoll, Dich am Anfang erst einmal einzulesen.
Ein Blick in die Literaturliste hier im Blog, kann da hilfreich sein.
Würde ich noch einmal mit dem Investieren beginnen, würde ich aber trotzdem sofort mit dem Investieren beginnen und nicht erst warten, bis meine Strategie steht.
Beim langfristigen Investieren am Aktienmarkt gilt: je eher desto besser.
Zeit ist ein wichtiger Faktor, denn der Zinseszins braucht Zeit zum Wirken.
Es bringt nichts, sich erst ein paar Jahre einzulesen. Der richtige Zeitpunkt ist immer dann, wenn Geld zur Verfügung steht.
Bei einem Sparplan, der für die meisten wohl das Mittel der Wahl ist, macht der Anfangszeitpunkt ohnehin keinen großen Unterschied.
Du kaufst Deine ETFs/Aktien schließlich zum Durchschnittskostenpreis.
Allerdings würde ich nicht mit zu vielen ETFs anfangen.
Am besten scheint es mir zu sein, zunächst in einen einzigen ETF zu investieren.
Ein Ein-ETF-Einstiegsportfolio ist eine klare Sache.
Am besten ein Allrounder, der möglichst viele Aktien und Länder abdeckt und sich später gut in die meisten Strategien einpassen lässt.
Selbst wenn Du ihn später nicht weiter besparen möchtest, kannst Du ihn dann einfach ruhen lassen.
Er ist pflegeleicht und benötigt kein Rebalancing.
Hierfür eignet sich zum Beispiel ein ETF wie der Vanguard FTSE All-World UCITS ETF oder iShares MSCI ACWI IMI.
Ist ein einzelner ETF nicht gefährlich?
Jain, denn es kommt darauf an.
Ist der ETF breit diversifiziert, dann ist so ein Ein-ETF-Einstiegsportfolio für mein Empfinden nicht sehr riskant, vorausgesetzt der Anlagehorizont passt.
Wieso? Nun. Du schaltest damit das Einzelwerte-Risiko aus.
Ein einzelnes Unternehmen kann Pleite gehen und deine Aktien werden damit wertlos.
Bei einem Standard-Index-ETF, der hunderte oder sogar über 1.000 Aktien enthält, ist die Gefahr gering, dass er komplett entwertet wird.
Klar. Bei einer großen Krise kann er vorübergehend auch locker über 50% an Wert verlieren.
Der ETF macht das dann aber so wie ein Lotus, der aus dem Schlamm emporsteigt und an der Oberfläche seine Blüte öffnet. Kein Schmutz bleibt daran haften.
Ebenso wie der Lotus taucht ein weltweit diversifizierter ETF durch die Krise hindurch und klimmt danach wieder in neue Höhen empor, so als wäre nichts gewesen.
Alles was es da braucht sind Nerven und Geduld.
Hypothetisch besteht auch bei einer Diversifikation über 46 Länder und tausende Unternehmen die Gefahr eines Totalverlustes.
Falls der aber tatsächlich eintritt, ist Geld wohl das geringste Problem, denn dann laufen auf unserem Planeten ganz andere Sachen schief.
Mit dem Ein-ETF-Einstiegsportfolio starten
- Depot eröffnen: kostenloses Depot bei einem Online-Broker eröffnen, bei dem der passende ETF langfristig günstig bespart werden kann. Wenn ein Postident-Verfahren notwendig ist, kann dies etwas dauern. Bei einem Videoident-Verfahren kannst Du ggf. recht schnell loslegen.
- Sicherheitspuffer (ca. 3 Monatsgehälter): Gleichzeitig würde ich 3 Monatsgehälter als Sicherheitspuffer ansparen und auf einem Tagesgeldkonto parken.
Das ist für Notfälle gedacht, denn es bringt nichts, wenn Du Deine ETFs kurzfristig zu einem schlechten Kurs verkaufen musst, weil Du gerade einen Engpass hast. - Einen All-Rounder-ETF auswählen: meiner Meinung nach ideal dafür, sind kostengünstige ETFs oder Fonds ohne Ausgabeaufschlag, die breit diversifiziert sind.
Mein erste Wahl wäre Vanguard FTSE All-World-Index von Vanguard. Er kommt im Junior-Depot für unseren Sohn zum Einsatz. Damit bist Du in tausende Unternehmen in 46 Ländern weltweit investiert und der ETF hat sehr niedrige laufende Kosten.
Ein vergleichbarer ETF ist der iShares MSCI ACWI. Möchtest Du aber eine noch breitere Diversifikation ist der Arero Weltfonds eine Überlegung. Er enthält zusätzlich noch Staatsanleihen und Rohstoffe. Dies sind nur ein paar Beispiele und keine Anlage-Empfehlung. - Sparplan anlegen / Teil der Anlagesumme investieren: die meisten Broker erlauben es Dir, regelmäßige und kostengünstige Sparpläne einzurichten. Darauf solltest Du bei der Wahl des Brokers unbedingt achten.
Sparpläne eignen sich aufgrund der regelmäßigen Ausführungen besonders gut für den Vermögensaufbau. Aber auch, wenn Du eine Einmalsumme anlegen möchtest, ist es sinnvoll sein sofort mit einer Summe loszulegen, während Du an der weiteren Strategie feilst. - Strategie zurechtlegen: Läuft erst einmal der Sparplan, kannst Du Dir in Ruhe die Strategie überlegen. Du klärst dann die Frage, wieviel Prozent Du in Aktien anlegen möchtest und wieviel in sichere Anlageformen (z.B. Bonds oder Festgeld).
Entscheidend sind auch die einzelnen Anlageklassen bei den Aktien-ETFs. Gleichzeitig sammelst Du erste Erfahrungen und bekommst ein Gefühl für die Aktienmärkte. - Don’t Panic: egal was die Börsennachrichten mal wieder sagen, solltest Du Ruhe bewahren und diese Börsenweisheit von André Kostolany beherzigen:
Don’t Panic!
Okay. Das war nicht Kostolany, sondern Douglas Adams. Es ist aber auch wahr.
Hier das Zitat von André Kostolany:
Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten, und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich.
Wo kannst Du so ein Ein-ETF-Einstiegsportfolio umsetzen?
Wenn Du schnell anfangen möchtest, dann geht das sehr leicht bei Trade Republic. In 10-15 Minuten hast Du die App auf Deinem Handy installiert, einen ETF ausgewählt und den Sparplan eingerichtet.
Leider kannst Du aber erst wirklich loslegen, sobald Du Geld auf Dein Verrechnungskonto überwiesen hast. Das dauert erfahrungsgemäß 1-3 Tage.
Dafür kannst Du bei Trade Republic alle iShares ETFs – und damit z.B. auch den iShares MSCI ACWI UCITS ETF, langfristig kostenlos, also ohne Ausführungsentgelt, besparen.
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Vanguard ETFs wie den Vanguard FTSE All-World UCITS ETF lassen sich gut beim kostenlosen Online Depot der DKB besparen. (Vorerst) bis zum 31.12.2020 sind alle Vanguard-ETFs dort Aktions-ETFse.
Das heißt, statt einem Ausführungsentgelt von moderaten 1,50€ fallen pro Sparplan-Ausführung nur 0,49€ an.
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Egal ob Draufgänger/-in, Raketenwissenschaftler/-in oder Ängstliche/r – ich wünsche Dir nun viel Spaß und Erfolg mit dem Abenteuer Geldanlage!
Vielleicht ist das Ein-ETF-Einstiegsportfolio ja etwas für Dich. Ich würde mich sehr über Deine Erfahrungsberichte freuen. Fragen sind natürlich auch jederzeit willkommen!
Auf Deine Kommentare und Anregungen freue ich mich bereits! Hinterlasse doch gerne eine kurze Nachricht und sag mir, was Du von dem Artikel hältst. Neben Lob und freundlichen Worten sind kritische Anmerkungen ebenfalls willkommen. Sie helfen mir dabei, den Artikel zu verbessern.
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Hallo, ich habe gerade geerbt und könnte 20.000€ anlegen. Wie würden Sie das machen. Bin unerfahren, habe aber schon ein DKB Bank Depot.
Sollte man einen kostenlosen Sparplan anlegen und gleich wieder kündigen???
Und ihn dann ruhen lassen oder was ist die beste Strategie.
Danke für Ihre Antwort und ein gutes neues Jahr.
Eri
Liebe Eri,
vielen Dank für Deinen Kommentar. Leider darf und möchte ich auf dem Blog keine Anlageberatung machen. Das wäre auch so nicht verantwortbar, denn ich kenne deine Situation ja überhaupt nicht.
Rein technisch ist es bei der DKB selbstverständlich möglich, einen kostenlosen Sparplan anzulegen und ihn gleich nach der Ausführung wieder zu kündigen. Das ist völlig unproblematisch und ich habe das bei vierstelligen Summen schon mehrfach getan.
Als kurze Einführung für den Einstieg eignet sich vielleicht folgender Artikel. Da habe ich auch geschrieben, was ich von der Thematik Einstieg mittels Einmalbetrag vs Sparraten halte. Ich bin da etwas ambivalent. Rein rechnerisch ist ein Einmalbetrag eigentlich besser. Die individuelle Situation darf man aber auch nicht außer Acht lassen. Gerade bei jemandem der zum ersten Mal investiert, hätte ich Hemmungen, den Einstieg mittels Einmalbetrag zu empfehlen.
Was, wenn direkt nach einem Einstieg ein Crash kommt? 50% und mehr sind an der Börse jederzeit möglich. Klar. Wenn man von langfristig steigenden Kursen ausgeht, muss man ein breites Investment einfach nur liegen lassen und warten. Es erholt sich von ganz allein wieder. Nach 15 Jahren war der Einstiegszeitpunkt meist nicht mehr so wichtig. Doch was, wenn die Person es mit der Angst zu tun bekommt und das Geld sofort wieder entnimmt?
Es schadet jedenfalls nicht, sich zusätzlich noch etwas einzulesen. Im Bereich Literatur habe ich noch ein paar Bücher verlinkt, die interessant sein könnten. In jedem Fall wünsche ich Dir viel Erfolg! Die DKB ist in Ordnung. Da haben wir auch den größten Teil unseres Depots.